Die Bezeichnung Death Rock beinhaltet(e) oftmals zweierlei: Eine nationale (eine im Gegensatz zum englischen Gothic Rock in den USA beheimatete Musik) und musikalische (eine starke Orientierung am Punk) Verortung. Die auf dieser Compilation verwendete Begrifflichkeit ist allerdings eine andere und meint scheinbar weder das eine noch das andere, denn die Bandauswahl ist was die Nationalität anbelangt sehr inklusiv und auch musikalisch heterogen, so heißt es dann von Labelseite auch: „Looking back among and between these genres we now recognize various blends of punk, post-punk, goth rock, industrial, and DIY as ‘deathrock.‘ […] The thread that holds these groups together as deathrock bands comes down to their willingness and sometimes compulsion to reveal and explore the darker side of their psyches.”
Den das Album eröffnenden und aus Dänemark stammenden Gate Crashers hört man ihre Verwurzelung im Punk an; was aber auch auffällt ist, dass trotz der Tatsache, dass Punk (auch) immer als Rebellion gegen und Abgrenzung von Rock gedeutet wurde, früher Rock’n‘Roll sicher ihren Track „Spectator“ beeinflusst haben mag. Middle Class aus den USA können trotz Punkhintergrund mit dem treibenden Basslauf und Songtitel (“A Skeleton at the Feast”) fast als Blaupause für düstere Musik dienen. Die Dänen von ADS klingen, als hätten sie sich ein Riff aus Joy Divisions „Shadowplay“ ausgeborgt, um dann mit einem John Lydon-Widergänger wütende Musik („Waiting for the War”) einzuspielen. Dass die Band Anfang der 80er sowohl die Dead Kennedys als auch Nick Cave supportet hat, verdeutlicht den musikalischen Rahmen, in dem sich ADS bewegten, vielleicht ganz gut. Die nächsten zwei Beiträge gehören eher Vertretern der britschen Variante dunkler Musik: Allein das Gitarrenspiel auf Vedas „Whiplash“ (mit Ex-Sex Gang Children-Mitglied Cam Campbell) situiert die Band klar im britsichen Post Punk der frühen 80er. Auch Skeletal Family, deren hier vertretener Hit „Promised Land“ auch schon auf anderen Compilations vertreten war, knüpfen daran an und machen deutlich, wie nah man auch am Pop sein konnte – und sicher gelungener als was Sängerin Anne Marie zusammen mit Ex-Sister Gary Marx später auf ihrem Industriedebüt als Ghost Dance versuchte. Verglichen mit den bisherigen Stücken fällt „The Freedom Curse“ von Flowers of Agatha zahm(er) aus und von der Stimmung erinnert diese melancholisch-kontemplative Nummer eher an die Chameleons. Die ein paar Jahre später als die bisher hier vertretenen Red Temple Spirits aus den USA klingen eher nach Gothic von der britischen Insel und verweisen auf „Dark Spirits” auf das „Vater Unser“ (was auf Christian Deaths Debüt Jahre zuvor sicherlich konsequenter gemacht worden war). Die skurill betitelten Crank Call Love Affair lassen durch ihr Bassspiel kurzzeitig an ein Quartett aus Macclesfield denken, Red Zebra aus Belgien haben eine stärkere New Wave-Ausrichtung, während Vita Noctis -ein lateinischer Name ist bei solch einer Compilation wohl unvermeidbar - das Album mit einer Minimalwavenummer beenden, bei der der Gesang von Sängerin Martine Genyn von etwa drei Casiotönen untermalt wird.
Warum diese musikalisch gelungene Zusammenstellung dann aber – wie schon der erste Teil – von einem Cover geziert wird, das aussieht, als habe eine von Weltschmerz erfasste 14-Jährige sich nach dem Kauf des ersten Rüschenhemdes daran gemacht, ihre Gefühle auf Papier zu malen, darf gefragt werden. (MG)
Label: Sacred Bones