Die beiden Alben „The Great Ecstasy of the Basic Corrupt“ und „Silver Bromide“ erschienen vor knapp drei Jahren auf streng limitierten LPs als art edition und sind seitdem gesuchte Sammerstücke, die Preise, die dafür im Netz geboten wurden, horrend. Da Nurse With Wound aber mehr als nur ein paar Dutzend Fans haben, war in diversen Kommentarspalten schon seit längerm der Wunsch nach regulären Wiederveröfentlichungen zu vernehmen. Dies ist nun seit kurzem geschehen, und ich erwähne beide Alben deshalb, weil Stephen Stapleton und Andrew Liles, die den spärlichen Informationen zufolge wohl allein an dem Material gearbeitet haben, sich für die Dirter-Auflage von „The Great Ecstasy“ noch für einen Bonus entschieden haben – „Circles of Confusion“, das im Original eben auf „Silver Bromide“ enthalten war.
Das Material nun in realistischer Stückzahl und über einen professionellen Vertrieb zugänglich zu machen, ist nicht nur sinnvoll, um die Neugier der Fans zu befriedigen, sondern auch der überragenden Qualität zumindest der beiden langen „Great Ecstasy“-Tracks angemessen. Das gut zwanzigminütige „No Meat for the Dogma“ entpuppt sich nach kurzem Maschinengefrickel schon bald als dynamisches Dronestück, dessen kraftvoll kreisender Klangteppich sich schnell in den Vordergrund spielt und alle Sounds, die am Wegesrand auftauchen, absorbiert: ein dezenter Regenschauer, gesampletes Saitenspiel vermutlich indischer Herkunft, plötzliche Spannungsmacher wie metallische Detonationen. Erst eine nostalgisch anheimelnde Melodie auf einem immer lauter erklingenden Cembalo behauptet sich dagegen und vollendet den Grundcharakter des Stücks. Über wenige Minuten entsteht eine schaurig-schöne Gothic Horror-Atmosphäre wie aus dem surrealistischen Frühwerk von Jean Rollin, die all den vielen kleinen augenzwinkernden Soundideen – unschlagbar hier die knarrende Tür wie einst auf der sinkenden Salt Marie Celeste – eine ganz eigene schaurige Poesie verleiht.
Wer NWW kennt, weiß, dass hier kein ernstes Pathos verbreitet wird, das gilt auch für das zunächst merklich leiser anklingende „Feed The Loathing“ mit der angenehm einlullenden Repetition seiner etwas lichtdurchwirkteren Dröhnung. Rituelle Glöckchen und dazu passendes Gerumpel stehen etwas exponierter da als die Sounds im vorangegangenen Stück, ebenso die undefinierbaren organische Klänge, die an Steicher erinnern. Erst in den letzten Minuten machen Stapleton und Liles, was sie am liebsten tun, nämlich grotesken Spielereien nachgehen, v.a die Handschrift von Monsterliles ist im dumpfen Brummen unschwer zu erkennen. „Circles of Confusion“ setzt sich klanglich und atmosphärisch schon ziemlich stark von den beiden anderen Tracks ab und ist somit ganz klar ein Bonustrack – aber ein solcher, der immer noch passt, und in den mahlenden Bewegungen des Klangteppichs und der ausladenden, repetitiven Struktur finden sich die stärksten Anknüpfungspunkte. Der Sound ist allerdings von deftig knarrenden Egitarren geprägt, und in seiner doomig-schleppenden Gangart und der sich kontinuierlich steigerten Verzerrtheit erinnert der Track fast ein bisschen an die Zusammenarbeit mit Sunn O))).
Ob es sinnvoller gewesen wäre, die beiden Alben, also auch „Silver Bromide“, in Gänze neu zu veröffentlichen, vermag ich nicht zu sagen, da ich die beiden anderen Tracks auf letztgenanntem nicht kenne – als zusätzlicher Track fügt sich „Circles of Confusion“ jedenfalls gut in das Konzept von „The Great Ecstasy“, und überhaupt sollte man die Neuauflage als ein Geschenk betrachten. (U.S.)
Label: United Dirter