Bei der von Drone Records veröffentlichten „SUBSTANTIA INNOMINATA ”-10‘-Reihe geht es weniger um eine musikalische als vielmehr um eine thematische Ausrichtung: Der Schwerpunkt liegt bei allen Veröffentlichungen bei “The Un-known, The Un-nameable, The Unspeakable, The Un-thinkable, etc.: Various aspects related to ´The Unknown‘”. Auf „La Vie dans les Airs & dans les Eaux“ arbeiten der in Taiwan lebende Franzose Yannick Dauby, der in den letzten Jahren viel mit Feldaufnahmen gearbeitet hat, und der Japaner Hitoshi Kojo, der bisher auf zahlreichen Veröffentlichungen eine vielschichtige Geräuschmusik gespielt hat, dann auch daran, diesen Vorgaben mehr als gerecht zu werden.
Auf Seite A sind die einzelnen Klänge (anfangs) klar voneinander zu trennen. Man hört Wassertropfen, Blasinstrumente (?), die durchaus einen leicht rituellen Charakter haben und einen kurzzeitig gar an tibetanische Knochenflöten denken lassen – vielleicht schallt aber auch nur ein Horn durch den Klangnebel. Perkussive Passagen scheinen auf Steinen und Metallteilen gespielt zu werden. Dabei verdichten sich die einzelnen Klangelemente im Laufe des Stückes immer mehr. Die zweite Seite beginnt mit Wasserrauschen, im Hintergrund hört man einen metallisch-fiepsenden Ton, dann Geräusche, die klingen, als werde etwas in Minen abgebaut. Hier möchte man vielleicht nicht wirklich wissen, wer da in tiefsten „hollow hills“ arbeitet. Ab der Hälfte etwa wird das Stück in zunehmendem Maße unruhig, leicht atonale Momente kommen hinzu. Etwas erinnert der Track von der Stimmung an David Jackmans Organum (in der weniger meditativen Ausprägung).
Das Presseinfo spricht von „mysterious (micro)-sounds“ und eine Aura des Rätselhaften umgibt diese beiden Stücke tatsächlich. Der jüngst verstorbene Mark Fischer schreibt in seiner Untersuchung The Weird and the Eerie: „A sense of the eerie seldom clings to enclosed and inhabited domestic spaces; we find the eerie more readily in landscapes partially emptied of the human. What happened to produce these ruins, this disappearance? What kind of entity was involved?“ Leicht abgewandelt könnte man bezogen auf die inzwischen 24. Veröffentlichung der “Substantia Innominata”-Reihe fragen: Wer erzeugt diese Geräusche? Welche Entitäten zeigen sich dafür verantwortlich?
Wenn auf der Website des Labels Yannick Dauby mit den Worten “We were touching metal with our skin, with wood and with stones. We were navigating in the obscurity, under the earth. We were probing the water with our instruments. Almost like if we were trying to let some lifeforms emerging from the land” zitiert wird, dann lässt diese (nur bedingt metaphorische) Beschreibung des Arbeitsprozesses, durch den dieses grandiose Stück Geräuschmusik entstanden ist, den Hörer erneut erschauern. (MG)
Label: Drone