Der Winter ist sowohl eine Illustration des Zustands des (Ab-)Gestorbenseins („What old December’s bareness everywhere“ (Shakespeare)), wenn der Sensenmann die Ernte einfährt, als aber auch in Verbindung mit dem gefallenen Schnee eine Zeit des Gedämpften, des Zur-Ruhe-Kommens in Winterwäldern, die „lovely, dark and deep“ (Robert Frost) sein können.
Das aus North Carolina stammende und aus Zachary Corsa und Denny Wilkerson Corsa bestehende Duo Lost Trail spielte auf zahlreichen Veröffentlichungen eine Mischung aus Ambient und Shoegaze und setzte häufig Feldaufnahmen ein. Prorammatisch hieß es selbstreflexiv: “Utilizing lo-fi, obsolete recording technology, they aim to capture a sense of atmosphere and landscape in both man-made and natural, wild environments.” Nach dem Umzug nach Tennessee wurde der Name in Nonconnah geändert – damit direkt auf die angesprochenen “natural environments” verweisend – und die Musik als „Damaged hymns from the broken Mid-South“ bezeichnet.
Auf ihrer inzwischen zweiten „Winter EP“ finden sich fünf Stücke mit langen, deskriptiven Titeln: „When You Sank Into The Leaf-Strewn Earth“ beginnt mit einem längeren Stimmsample: Jemand erzählt etwas über die Natur des Universums – untermalt von leichtem Pulsieren. Dann setzen Drones ein. Alles klingt gedämpft, ganz so als liege das Mikrofon irgendwo unter Schnee begraben. Auf „When The Blackbirds Formed An Inverted Cross” hört man das Knistern einer Schallplatte und ein verrauschter Choral setzt ein. “When Your Hands Trembled As You Watched The Barren Fields” wird von Vogelzwitschern eingeleitet. Man hört Drones und unheimliche Geräusche. “When The Ceiling Hit The Floor As The Barn Collapsed Around You” wird von an- und abschwellenden Drones durchzogen, dann setzt am Ende ein verstimmtes, dissonantes Klavier ein. Auf “You Said ‘The Snow Is Like Amnesia. I’m Forgetting Everything’” bestimmt das Klavier das Klangbild, am Ende meint man Stimmen zu hören.
Das unscharfe das Cover zierende Bild passt zu dieser verrauschten liminalen Musik, die den Hörenden in einen seltsamen Zustand zwischen Wachen und Schlaf versetzt und die den Winter vielleicht in seiner ganzen Ambivalenz darstellt. (MG)
Label: Silber Records