DERYA YILDIRIM / TELLAVISION: Hayda Katschma

Die vorliegende 7” von Derya Yildirim und Tellavision ist keine Split, sondern eine Kollaboration und als solche sogar der Auftakt einer Veröffentlichungsreihe namens Schmelz, mit der das Label Hanseplatte musikalisch sehr unterschiedliche Hamburger Musikerinnen zur Kreation gewagter Stilmixe animiert.

Derya Yildirims Hintergrund liegt in der traditionellen Musik Anatoliens, die sie in ihrem inter- (oder outer-)nationalen Quintett Grup Şimşek aber schon in durchaus zeitgemäße Psychedelic- und Funkbahnen lenkt. Ihr Metier ist neben Gesang die Saz, eine u.a. in der türkischen Musik verwendete Laute. Hinter Tellavision steckt die Sängerin und Producerin Fee Kürten. In meiner Besprechung zu ihrem Album  „The Third Eye“ betonte ich ihr Faible für plastische Sounds, die „mit vielen dub-typischen Leerräumen arbeiten und auch in den verzerrt noisigen oder basslastig dröhnenden Passagen nichts von ihrer bildhauerischen Qualität verlieren.“

Eine glaubwürdige Zusammenführung beider Stile ist möglich, aber auch ein kleines Wagniss, gut gelöst ist diese Herausforderung dadurch, das in den zwei Songs zwar beide Handschriften zu hören sind, dennoch jeweils einer den Vortritt hat.

In „Hayda“ verleiht das helle Picking der Saz-Saiten der Musik die zentrale Färbung, ein aufgeweckter, repetitiver Takt verleiht dem folkig angehauchten Track mit seinem filigranen Sound einen mitreißenden Groove. Dies gewinnt an Intensität, wenn der Sound mit der Zeit an Dichte zunimmt und die melodischen Ornamente markanter werden. Ein ähnlicher Ohrwurm mit orientalischen Melodiefolgen ist „Katschma“, bei dem allerdings die elektronische Bearbeitung der ohnehin etwas synthielastigeren Klanggestalt mittels Raumklang und trunkenem Tremolo eine psychedelische Note verpassen. Fees Gesang wirkt auf etwas schläfrige Art cool, scheint sich gerade in den exponiertesten Momenten gleichsam zu verstecken – einer ihrer typischen Kunstgriffe, die bewirken, dass man sich von ihrer Musik nie einfach gratis berieseln lassen kann, sondern sich bei entsprechendem Gusto auf eine etwas intensivere Pop-Erfahrung einlässt.

Die Single erschien bereits letzten Herbst und war schnell ausverkauft. Schon vor kurzem kam es aber bereits zu einer zweiten Auflage, so dass man sich bei entsprechendem Dampf nicht mit dem Download begnügen muss – ganz nebenbei ein sympathischer Zug verglichen mit der Produktion künstlicher EBay-Raritäten, mit der gerade einige der sich betont authentisch gebendenen Subkulturen oft etwas seelenlos erscheinen. (U.S.)

Label: Hanseplatte