THE NECKS: Body

Seit über dreißig Jahren bereits basteln The Necks aus Sydney an ihrer eigenen improvisierten Jazzvariante, basierend auf dem klassischen Instrumententrio Schlagzeug, Bass und Piano, wobei letzteres auch immer mal wieder durch die Hammondorgel ersetzt wurde und der Bass gelegentlich durch Gitarre. Die einzelnen Arbeiten bestehen meist aus albumfüllenden Longtracks, die vor dem Losjammen gut durchdacht und erörtert werden und anschließend auf prägnant betitelten CDs erscheinen.

Immer wieder übernimmt einer der drei Musiker – Chris Abrahams, Tony Buck oder Lloyd Swanton – die Führung, bis ein anderer reagiert und ein weiteres Motiv sich verselbständigt. Soweit, so gängig, aber dass dabei immer wieder die typischen repetitiven Figuren mit den fliegenden Cymbals und eine langsame, manchmal kaum spürbare Steigerung zustande kommen, spricht dafür, wie gut der intuitive Dialog der Drei funktioniert.

Dass die Necks nicht nur spontan sind, sondern auch konzentriert auf ein Ziel hin arbeiten können, merkt man besonders ihrem neuen Album „Body“ an, im Unterschied nämlich zu seinen Vorgängern besteht es, immer noch als One-Track, aus vier halblangen Sequenzen, in denen jeweils eigene charakteristische Stimmungen ausgelotet werden, ehe die Reise weitergeht in anderes musikalisches und emotionales Terrain – so vielgestaltig und unvorhersehbar, wie ein Körper, auch ein klanglicher, nur sein kann. Im ganzen ersten Teil dominiert, ganz ähnlich wie im Klassiker „Hanging Gardens“, Bucks leichthändiges Spiel mit den Becken, doch weniger als hektisch treibendes Geraschel, sondern in leiser, sanfter Bewegung, wozu das kreisende Dröhnen eines indischen Instruments in Hintergrund perfekt passt. Markante tiefe Klaviertöne bringen etwas Spannung hinein, doch zusammen erschaffen die Instrumente mal wieder eines der ambienten, flächigen Szenarien, die The Necks bereits den Vergleich mit einschlägigen Dark Jazz-Combos einbrachte.

Erst nach gut einer Viertelstunde kippt die Musik in die mystischen Gefilde gezupfter Gitarren und wabernder Hammonds, bis erneute Beckenwirbel in den lautesten Teil überleiten, in dem schwere Riffs und schleppende Drums so manche Postrocknerds in Verlegenheit bringen. Man würde nicht an Jazz denken, wenn man gerade an der Stelle das Zimmer betritt. Und wieder ein Bruch: Glöckchen, geheimnisvolle Melodiebögen, ein gelegentlicher Tusch und Trommelwirbel an jeder Weggabelung – etliche instrumentelle Dialoge, bei denen immer wieder ein anderer die Oberhand hat und neue Leitmotive erzeugt, mal tastend, mal spannungsgeladen, mal so nah an der Stille wie der Auftakt ihres „Drive By“-Albums, mal kleine Eruptionen andeutend – bestimmen den letzten Teil des Tracks und geben „Body“ einen offenen Schluss, der trotzdem keine Wünsche offen lassen sollte außer dem, dass The Necks weiterhin in gleichbleibender Frequenz die unterschiedlichsten Formate ausprobieren. (U.S.)

Label: Fish of Milk / ReR Megacorp / Northern Spy