ABSTRACT NYMPHO: Static EP

Spaciger englischer Hardrock, französische Schmonzetten, abgeklärte deutschsprachige Lyrik über die Vergänglichkeit all unserer Spuren: Wenn diese Dinge etwas vereint, dann dass sie nicht als erstes an rauen, dröhnenden Noiserock denken lassen. Diesen wiederum assoziiert man auch nicht gleich mit beschwörendem weiblichen Gesang aus dem Fundus dessen, was man einmal versuchsweise Dreampop nannte. Hin und wieder gibt es aber zu einem Kreis die perfekt passende Quadratur, und die haben hier Abstract Nympho unter dem Titel “Static” ins Werk gesetzt.

Abstract Nympho ist ein noch junges Duo, das aus dem Producer Ghazi Barakat, bekannt unter dem Projektnamen Pharoah Chromium, und der Sängerin und Musikerin Rahel Preisser besteht, die ebenfalls schon an dem Projekt mitwirkte. Während Pharoah Chromium, dessen jüngste 7″ auf dem Bericht Jean Genets über das Kriegsverbrechen im Flüchtlingslager Shatila basierte, eine hörspielartige Form elektroakustischer Soundart spielt, ist der Stil des nach einem Chrome-Klassiker benannten Duos dem Namen entsprechend zwar abstrakt, aber im weitesten Sinne doch eine verquere Art Pop.

Referenzen auf Werke außerhalb des eigenen Kosmos gibt es nicht nur im Bandnamen, und so beginnt die EP mit einem kreativen Hawkwind-Cover: Der Spacerocksong “Silver Machine” mit seinem dreckig-holprigen Sound wird in ein synthetisch dröhnendes Setting überführt, dessen monotone Bewegung nur von den sanft bearbeitete Tablas etwas aufgelockert, von Preissers unbeirrbar kühlem Gesang irgendwo zwischen Nico und Grace Slick jedoch nur noch untermauert wird. Wenn sie in diesem Stil “Do you want to ride?/See yourself going by/The other side of the sky/I’m in a silver machine” singt, scheint das Morbide des Trips noch deutlicher durch, und doch wirkt die Interpretation immer noch mehr wie eine Hommage als wie eine Dekonstruktion des Originals. In ähnlich starker Umdeutung greifen sie sich Jane Birkins “Baby Alone in Babylon” vor, denn aus der Schmonzette, bei der die Sängerin einen Text Gainsbourgs zu einer Melodie von Johannes Brahms hauchte, wird Hören mit Schmerzen, bei dem nur ein paar herausstechende Spoken Word-Tupfer das laute Zirpen und Rauschen unverortbarer Klänge durchbrechen. Höhepunkte an Unbehaglichkeit bieten allerdings die um Texte des Berliner Dichters Scardanelli gebauten Tracks “Was warst du” und “Delirium”, das von dem kakophonen Interludium “Japanese Double Suicide” eingeleitet wird: Dunkler, destruktiver Symbolismus der Vergänglichkeit und der kosmischen Fatalität werden von einem abgründigen Sound aus dilirierenden Bläsern wie von Flutwellen vorangetrieben, und bisweilen erinnert die Musik an eine beatlose Form des späten Krautrock, bevor er im deutschen New Wave sein Nachleben fand.

In den repetitiven Mustern der fünf Tracks schlummert eine unbeirrbare Fatalität, die überraschenderweise kaum mit der verspielt-neugieringen Herangehensweise beim Rückgriff auf diverse Orte der Pop- und Subkultur aneinandergerät, und die wohl am ehesten den Titel “Static” rechtfertigt. (U.S.)

Label: Static Age Records