Bevor David Jackman als Organum in der ersten Hälfte der 80er begann, hatte er eine Reihe von Aufnahmen unter seinem eigenen Namen gemacht, aber auch danach veröffentlichte er immer wieder als David Jackman. Während er als Organum aus zahlreichen Schichten zu bestehende, beeindruckende schabende Drones kreierte, die teilweise sehr krachig, später aber (auch) kontemplativ(er) sein konnten, arbeitete er bei anderen Aufnahmen mit Loops, z.B. auf den auf historischen Aufnahmen aus dem Imperial War Museum basierenden Veröffentlichungen, auf denen man dann tatsächlich „machine guns fighting“ hören konnte. Man denke auch an den geloopten Orchesterkitsch auf „Verhalte dich ruhig“, der in Verbindung mit Titel und Artwork eine durchaus sinistre Note bekam.
„Herbstsonne“ ist ein Album, das allerdings (ästhetisch wie musikalisch) sehr (stark) an die (reduzierten) Organum-Aufnahmen der vergangenen Jahre erinnert. Nach längerer Pause erschien im vergangenen Jahr das Album „Raven“, über das es hier hieß: „Waren die früheren Aufnahmen oft enorm verdichtet, so finden sich hier zahlreiche Momente des Innehaltens, Leerstellen – vielleicht auch der Leere (und das ist nicht als pejorative Beschreibung der Musik zu lesen, sondern als existentielle Aussage).“ Und nicht nur, was das Innehalten, sondern auch was die verwendeten Instrumente anbelangt, so könnte „Herbstsonne“ fast aus den gleichen Sessions stammen: Ein Klavier wird angeschlagen und der Ton verklingt, im Hintergrund hört man der Tampura, einer Langhalslaute, und einer Orgel entlockte Drones. Glocken setzen ein. Jackman hatte vor Jahren einmal gesagt, seine neuen Arbeiten seien von Wiederholung(en) geprägt. Waren auf „Raven“ 13 fast identische dreiminütige Stücke zu hören, findet auf „Herbstsonne“ die Wiederholung innerhalb des 47-minütigen Stücks statt.
Insgesamt finden sich bei Jackman kaum Hinweise auf Deutungen, Hinweise, wie die Alben einzuordnen sind (bezeichnenderweise nannte er in einem früheren Interview „the blind desire to make sounds“ als Motivation). Andere haben die Musik der letzten Jahre sicher nicht unzutreffend als Abschiedssoundtracks gedeutet und die Musik auf “Herbstsonne” lässt von der erzeugten Stimmung auch eher an den Herbst des Lebens und die näherrückende Begegnung mit dem Schnitter denken als an die noch wärmende Sonne, die die verfärbten Blätter illuminiert. Letztlich ist es aber völlig egal, wie man diese Veröffentlichung deutet oder zu verstehen glaubt, denn wie bei allen anderen Arbeiten Jackmans gelingt es auch hier, den Zuhörenden in einen Zustand zu versetzen, der im positivsten Sinne kaum greifbar ist. (MG)
Label: Die Stadt