AK’CHAMEL, THE GIVER OF ILLNESS: The Totemist

Die hinter skurillen Masken sich versteckenden Bandmitglieder, die vielleicht irgendwann einmal ein Festival mit den Residents und Caroliner spielen sollten, haben zahlreiche Tapes veröffentlicht. Die bisherigen Aufnahmen mit ihren rituellen Gesängen waren geprägt von einem verrauschten Lo-Fi-Sound, der an frühe Nový Svět denken ließ und der dem Projekt eine Aura des Authentischen gab (ähnlich wie bei frühen Ain Soph).

So hieß es auf diesen Seiten zu früheren Veröffentlichungen: „Mit authentischer Lo-Fi-Dumpfheit, dem Mut zu markanten Kontrasten und einem guten Händchen nicht nur für tolle Melodien, sondern auch für ungewohnte Klangkombinationen, verbraten die anonymen Bastler etliche Versatzstücke aus mehreren Kontinenten: Amerikanische Twangs erinnern an Surfrock und Texmex und sorgen für cooles Wüstenflair, für Trost und Labsal dagegen sorgen folkige Zupfgeräte und entrückte Flöten aus Regionen von Nordafrika bis Japan.“ Bezüglich des letzten, 2017 herausgekommenen Tapes konnte man lesen: „.Eröffnet wird „Death Chants“ von dem von Glöckchen und rituellen Gesängen durchzogenen „You Destroy Your Heart On Earth“, das klingt, als habe jemand ein mit Watte überzogenes defektes Mikrofon an einen alten Kassettenrekorder angeschlossen, um russische Schamanen beim Singen aufzunehmen.“

Auf “The Totemist”,  ihrer ersten Vinylveröffentlichung, klingen Ak’chamel wesentlich klarer, nicht mehr so verrauscht, was von Labelseite auch angesprochen wird: „Equipped with studio quality recordings and a (somewhat) lighter tone, as opposed to the oppressively lo-fi sound the group is known for.“ [sic]  Diese syntaktisch etwas holperige Beschreibung macht die Richtung von „The Totemist“ recht deutlich, denn es ist nicht nur die (Klang-)Qualität der Aufnahmen, sondern auch dass sie musikalisch und kompositorisch zugänglicher als frühere Arbeiten sind.

Das Album beginnt mit „Firedriver“: Man hört orientalische Flöten und Perkussion; die flüsternden Stimmen, bei denen man sich fragt, welch Wüstendämon Beschwörungsformeln intoniert, lassen sich nur erahnen. „The Funeral of a Woman Whose Soul is Trapped in the Sun“ klingt fast schon entspannt und beschwingt und der Einsatz von E-Gitarre ist verhältnismäßig konventionell. Der relativ harmonische mehrstimmige Gesang klingt allerdings so, als sängen gerade Machens „little people“. Gegen Ende setzt Perkussion ein und man hört Dschungelgeräusche, ganz so, als wolle man Martin Denny Tribut zollen. Das nach einem (schon auf dem Mittelteil von Current 93s „Inmost Light“-Trilogie zu findenden)„The Wicker Man“-Zitat benannte „Protected By the Ejaculation of Serpents“ erinnert mit seinem rituellen Gebrummel, Harmoniumdrones, dissonanten Geigen und Glöckchen und der schleppenden Perkussion ertsmalig recht stark an frühere Aufnahmen. „Dark Hat“ klingt so, als sei B’ee (In Gowan Ring) zu Zeiten von „The Twin Trees“ in Marokko auf Wanderschaft gegangen. Das 12-minütige „Phallus Palace“ lässt eine Basaaratmosphäre aufkommen.

Ganz so, als beabsichtige man in unserer Zeit hypertropher Reinheit Vorwürfen von „cultural appropriation“ zuvorkommen bzw. diese ironisierend ad absurdum zu führen, bezeichnet die Band sich selbst als „fourth world post-colonial cultural cannibalists circumcising the foreskin of enlightenment.“ (MG)

Label: Akuphone