IAN WILLIAM CRAIG: Red Sun Through Smoke

Von all den Künstlern, die in ihren Arbeiten (sich auflösende) Tape(loop)s integrierten, unterschied sich der in Vancouver ansässige Craig immer dadurch, dass der Fokus bei ihm meistens auf den Song gelegt war. „Red Sun Through Smoke“, sein – je nach Zählweise – mitlerweile achtes Album, ist reduziert und um das Klavier zentriert.

Der Entstehungskontext wird auf Craigs Bandcampseite extensiv erläutert: Craig schreibt, dass er aufgrund der Waldbrände, von denen British Columbia heimgesucht wurde, sein Aufnahmeequipment zu einer kleinen Hütte, die seinem Großvater gehörte, der inzwischen in einem Pflegeheim lebte, transportierte. Während der Aufnahmen verstarb dieser – u.a. weil sich der Zustand seiner Lungen durch die Auswirkungen der Brände noch weiter verschlechterte. Hier fielen also eine persönliche und eine ökologische Katastrophe zusammen. Dazu führte Craig eine Fernbziehung zwischen zwei Kontinenten. Ob es notwendig ist, all das über die Genese des Albums zu wissen, um es angemessen zu rezipieren, sei dahingestellt, aber ich denke, „Red Sun Through Smoke“ ist eine enorm starke Veröffentlichung, die auch ohne jedwedes Kontextwissen bestehen kann/könnte.

„Red Sun Through Smoke“ beginnt mit dem kurzen choralartigen „Random“. „The Smokefallen“ setzt ein mit verrauschten, immer wieder abbrechenden und neueinsetzenden Pianofiguren, die dann in Noise untergehen. Craigs Gesang klingt wie eine Mischung aus Roland Orzabal und David Åhlén, so auch auf „Weight“, das einen fast schon sakralen Charakter hat. Auch hier bricht zwischendurch Rauschen ein. Das leiernde „Comma“ wird von fragilem Gesang durchzogen. „Condx QRN“ ist das vielleicht experimentellste Stück des Albums: Das durchaus bedrohliche Brummen und Dröhnen, in dem man eine Stimme erahnen kann, lässt fast schon an Industrial denken. „Mountains Astray“ ist dagegen eine verhältnismäßig straighte Klaviernummer. Das tief melancholische „Last of the Lantern Oil“ mit seinen verrauschten Pianopassagen klingt, als habe Tor Lundvall Coils „The Dreamer is Still Asleep“ auf einem defekten Tapedeck gecovered. Das Leiern und die Auflösungsprozesse gehen dann in „Supper“ über: „We had grief for supper“ intoniert Craig mit zerbrechlicher Stimme. „Open Like a Loss“ ist vielleicht Craigs Version eines gregorianischen Chorals. Die wunderschöne Ballade „Stories“ schließt das Album ab.

Das Verrauschte der Aufnahmen gibt den insgesamt 12 Stücken etwas Zerbrechliches, Temporäres, wobei Craig vor dem Hintergrund der persönlichen Tragödie zutreffenderweise auf die Begrenztheit von Kunst(werken) hinweist: “Every poem pales in comparison to life”. (MG)

Label: 130701