Es war schon öfter auf diesen Seiten Thema, dass in einer Zeit hypertropher Hybridisierung manche Genres besser als andere zusammenpassen. Bei „extremeren“ (wie vage und subjektiv dieses Attribut auch immer sein mag, Gewaltmusikexperte Dr. Klaus Miehling hat da sicher eine andere Einschätzung als wir) Spielarten geht Industrial oft gerne mit Black Metal zusammen. Man denke an die Drumcomputer bei Anaal Nathrark, die Black Metal-Interludien auf MZ 412s „Burning The Temple of God” oder aber an Sutekh Hexen, um nur ein paar zufällig gewählte Beispiele aus den letzten Jahrzehntehn zu nennen.
Die australischen Portal, die sich nicht nur hinter genretypischen Pseudonymen (The Curator, Ignis Fatuus, Horror Illogiu, Aphotic Mode) verstecken, sondern bei ihren Auftritten auch dem wandelnden Baum Attila Chisar problemlos Konkurrenz machen, kündigten vor einigen Monaten ein neues, ihr inzwischen sechstes, Studioalbum an. “Avow”, wie auch die Vorgänger, muss man am Stück hören. Der von Portal gespielte und oft als “experimentell” apostrophierte, von den Toms getriebener Death Metal gibt einem das Gefühl in einer Turbine zu sitzen, aus der es kein Entkommen gibt. Es findet sich bei Portal keine im oberen Sinne verstandene Hybridisierung durch den Einsatz von Elektronik etc., vielmehr scheint der Musik ein Noiselement innezuwohnen oder, wie es jemand nicht ganz unzutreffend (be-)schrieb: “this is Death Metal as fully immersive Noise”.
Plötzlich erschien aber dann am gleichen Tag wie das seit Monaten angekündigte “Avow” ein als „paranormal companion piece“bezeichnetes weiteres Album namens “Hagbulbia”, das ästhetisch-musikalisch sicher an “Avow” anknüpft, aber weitgehend den Rhythmus herausnimmt und den Fokus auf dunkelste Soundwälle richtet. „Stow” beginnt mit Gesang, als habe Azathoth The Curator die Speiseröhre und die Stimmbänder herausgerissen, um ihn zu Ehren Nyarlathoteps zusammen mit dessen “amorphous idiot flute-players” musizieren zu lassen. Man hört einen Soundwall aus distortion, in dem die Stimme untergeht, verschmelzt, metamorphosiert. Auf “Weptune”, auf dem man kurzzeitig Inkantationen zu hören glaubt, lässt sich kaum noch ausmachen, wo Musik endet und Stimme beginnt. Auf diesem Album nähert sich Portals Musik dem (dunkelsten) Drone, dem finstersten Ambient. Das ist Musik, die ein kosmisches Schaudern verursacht. „Storm before the storm“, kann man im Booklet lesen und so lässt sich das Album sicher auch angemesen beschreiben. (MG)
Label: Profound Lore