Zumindest für die Römer von Malato war das auf der ersten Seite des vorliegenden Tapes dokumentierte Konzert bei der Destination Morgue ein Heimspiel, und das nicht nur wegen des Aufführungsortes, sondern weil Alessandro Marchettini sowohl zur Band gehört, als auch das Festivals organisiert. Aber wie der Titel schon sagt, treten sie und der unter dem Namen Northgate firmierende Mailänder Evor Ameisi in der knappen Dreiviertelstunde als Einheit auf.
Dem dunkler, postidustrieller Musik gewidmeten Abend entsprechend zeigen sich beide von einer Seite, die für Freunde harscher, schicksalsschwerer Ambientklänge keine Wünsche offen lassen sollte. Dass der Track dennoch mehr als düstere Flächensounds zu bieten hat, ist sicher nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass beide Acts einen kaum in Genrebegriffen zu fassenden Hintergrund haben. Ameisi, der das experimentelle Elektronikprojekt Northgate (oft auch als Kürzel NG) seit über zwanzig Jahren betreibt, frönt in Almaghest! Poesie und verspielter Klangkunst und in Camerata Mediolanense alter und neoklassischer Musik. Malato, deren bisherige Studioaufnahmen wie die Mod-Variante eines harten Elektro-Wave anmuteten, entstanden vor rund zehn Jahren im Umfeld und mit Musikern der stets wandelbaren Ain Soph, der Noiserocker Circus Joy und der Surfrocker Sentinels.
Wenn der gemeinsame Track eines versteht, dann Spannung aufzubauen. Gleich voll da mit knarzender Dröhnung kann sich das dunkle Soundgebilde problemlos Zeit lassen bei der Intensivierung seiner Lärmdichte, weiß immer wieder abrupte Kollisionen, kleine schrille Monumente und kurze Brüche genau an der richtigen Stelle einzubauen. Der Durchbruch, den man erwartet – weil er dazugehört, aber auch, weil er sich die ganze Zeit über im Kleinen ankündigt – erfolgt durch eine mit schweren Stiefeln über einen verödeten Planeten marschierende Zombiearmee, die beinahe im aufgewirbelten Staub versinkt.
Die zweite Seite enthält splitmäßig einen langen Northgate-Track und vier kompakte Stücke von Malato. Ersterer ist eine Studioversion von Ameisis Beitrag zum Live-Track: Leiser, luftiger und dennoch rauschend und knarrend unterscheidet das Stück sich nicht nur durch grummelige Stimmeinsprengsel von der Liveversion. Malato (mittlerweile übrigens ohne Barbara “Black Bonbon” Bonnardo und somit eine reine Boygroup) erkennt man sofort: Nervöse Takte, monoton und minimal, jagen über aufgekratzte Fundamente, nostalgischer Synthiewave hält lauten Brüllstimmen stand, dystopisches Gebrumm folgt auf Hochfrequentes, und wessen Stimme im technoiden “Cefalu Sea” von einer alten Platte zu hören ist, dürfte für jeden okkult interessierten Sizilienfreund außer Frage stehen.
Label: DDEM