AND ALSO THE TREES: The Bone Carver

Es gibt wahrscheinlich keine bessere Jahreszeit, in der man ein Album von And Also The Trees veröffentlichen könnte, als den Herbst, zu sehr ist die Musik der seit Jahrzehnten aktiven Band eine in der Melancholie verwurzelte, meinte man – spätestens nach ihrem Meisterwerk „Virus Meadow“ (das kürzlich in erweiterter Form wiederveröffentlicht wurde) – vor seinem Auge windzerfurchte englische Landschaften zu sehen. Während Kollegen wie etwa The Cure, mit der zu Beginn ihrer Karriere And Also The Trees oft tourten (Lol Tolhurst produzierte damals das 1983 erschienene Debüt), seit Jahren ein Album ankündigen, von dem es inzwischen immerhin den Namen gibt, veröffentlichen die um Sänger und Texter Simon Huw Jones und seinen Bruder Justin an der Gitarre gruppierte Formation alle paar Jahre mehr als nur solide Alben, wie auch wieder „The Bone Carver“ beweist, der inzwischen 13. Longplayer, der sechs Jahre nach „Born Into The Waves“ veröffentlicht wird.

Ein Merkmal der Band war immer ein gewisses Aus-der-Zeit-gefallen-Sein, das sich in der (Bühnen-)Kleidung widerspiegelte – es ist nicht so, als hätten sie sich nicht zumindest etwas ge- und verändert – es gab eine Phase, in der ihre Musik etwas stärker von amerikanischer Musik geprägt war –, aber letztlich sind And Also The Trees wie ein standing stone. 

Der Opener „A Bed in Yugoslavia“, zu dem vor kurzem ein stimmiges Video gedreht wurde, gibt die Richtung vor: Das Zusammenspiel der sanft gezupften Gitarre und der Klarinette, der langsame Aufbau von Stimmung und Spannung  und dann nach knapp eineinhalb Minuten der Gesang: „And the bed became another place/And the bed was made of fire“. Das darauf folgende „Beyond Action and Reaction“ beginnt mit dunklem Bass, bevor ein für And Also The Trees so typisches Bild hervorgerufen wird: „We see the head of a man walking on the moors“. In „Another Town Another Face“ heißt es: „A man waits on the station platform“, in „Last Of The Larkspurs“ singt Jones: „64 Morden Lane/Was the place where we always came“. Auf dem leicht orientalisch klingenden „The Seven Skies“ gibt es die Aufforderung „Take my hand/Come with me/Through the labyrinths of our destiny“. „The Girl Who Walks The City“ beeindruckt mit der Kombination von Gitarre und Autoharp und beschreibt eine Erinnerung aus der Vergangenheit, in der das lyrische Ich das titelgebende „City girl“ trifft, durch deren Augen er „A prostitute a river swimmer a punk a priest“ sehen kann. Und natürlich fällt beim Beschreiben dieser Szene Regen, der die Straße glitzern lässt. (MG)

Label: AATT