Seit vielen Jahren schon sind Genetic Transmission dabei, ihre einigermaßen üppigen Archive zu öffnen und vergriffenes älteres Material neu zugänglich zu machen. Die vorliegende Wiederveröffentlichung, erschienen bereits vor einigen Jahren, beinhaltet gleich zwei Releases aus den frühen Jahren des polnischen Industrial-Duos, die damals in keinem Zusammenhang zueinander standen und auch auf der vorliegenden CD – trotz des typischen GT-Sounds zwischen Musique Concrete und Maschinenlärm – recht heterogen wirken.
Das knapp vierundzwanzigminütige „Kapuke“ brachten Tomasz Twardawa und Piotr Jankowski 2002 noch unter ihren eigenen Namen heraus, wobei als Gastsängerin noch Barbara Lead mitwirkte. Auch wenn der Track wie ein an Offizine Schwarz erinnernder Marsch mit Akkordeon beginnt, setzt bald die typisch rasante Unordnung aus metallenem Geschraube, Gerassel und Gepfeife ein, und u.U. registriert man erst nach einer Weile, dass ein Großteil der Sounds, auch wenn sie auf dem Höhepunkt des Lärms an einen Schlagbohrer erinnern, dem Innenleben eines Klaviers entstammen. In luftigen Momenten klingt das Rasseln wie einen Referenz in Richtung eines folkigen Ritualismus, was ganz gut zu den krächzenden, kichernden und stöhnenden Stimmbeiträgen passt.
Der zweite Teil beinhaltet die Soundtracks für sieben auf Stummfilm aufgezeichnete Performances der Wiener Aktionisten Otto Muehl und Günter Brus. Die Abschnitte sind von deutlichen Brüchen und Wandlungen geprägt. Dass manche Passagen die rauschenden, aquatischen oder knatternden Sounds eher fließen lassen, wohingegen der Fluss sich an anderen Stellen im kleinteiligen Hantieren staut, ist sicher dem mir nicht bekannten Filmmaterial geschuldet und bringt eine zusätzliche Variationsbreite in den ohnehin vielgestaltigen Score. Mit einer Neuaufführung der von Genetic Transmission untermalten Filmdokumente wird man wohl so schnell nicht rechnen können. (A.Kaudaht)
Label: Zoharum