Es ist nicht das erste mal, dass ich erst über eine Dub-Version so richtig auf ein Album aufmerksam geworden bin, so zum Beispiel erschloss ich mir einige jüngere Aufnahmen von Grace Jones erst durch ihre Remixversionen, allen voran die auf der kongenialen CD „Hurricane Dub“. Ein Grace Jones-Album zu übergehen ist selbstredend nur schwer zu sühnen, nur die immense allmonatliche Veröffentlichungsflut mag sich schuldmindernd auswirken. Genau die ließ mich auch über Peaking Lights’ „Lucifer“ hinwegsehen, dessen Cover mit der Typographie einer amerikanische Milchbar in Neonlettern daran erinnert, wie sehr die 80er an den 50ern orientiert waren, und wie sehr unsere heutige Zeit der Aufguss eines Aufgusses ist. „Lucifer in Dub“, bei dem sechs der acht Originalstücke in Eigenregie nach allen Kunstregeln gedubbt werden, ist aber aufgrund seines durchgehenden Experimentcharakters ohnehin reizvoller als das Original, dessen Platz doch weitgehend im Indie-Regal ist.
Schon auf diesem haben einige der Songs eine gewisse Dub-Schlagseite, die den Artsy Fartsy-Pop des LA-Duos aus dem Not Not Fun-Dunstkreis allerdings nicht dominiert. Ähnlich den Aufnahmen ihres Landsmannes Ariel Pink ist die Musik von Indra Dunis und Aaron Coyes noch von ganz anderen Viren infiziert: Synthie und House, Psych und Kraut kämpfen in jedem Song harmonisch um die stilistische Oberhoheit. Ich will den Versionen-Vergleich hier auf ein Minimum reduzieren, denn die Dub-Stücke funktionieren trotz artifiziellem Charakter auch als eigenständige Songs.
Angereichert mit Retrosounds en masse und voll mit Stilisierungen wie rückwärts gespielten Gesangspassagen ist „Cosmic Dub“ Psych Pop erster Klasse, die Jazz-Gitarre a la Soft Machine setzt dem noch die Krone auf. Mit viel Hall und zugleich unausgefüllten Klangräumen bildet dies das ideale Fundament für verquere Perkussion und eine reizvolle, fast ein bisschen zu sehr auf sexy getrimmte Sängerin. Noch stärker fällt das Retromoment beim reggaelastigen „My Heart Dubs 4 U“ und der Tanznummer „Life Dub“ ins Gewicht, die auch bei Thievery Corporation ins Programm gepasst hätte. Während „Lo Dub High Dub“ und „Midnight Dub“ die verspielte und zugleich coole Electronica-Seite der Band hervorkehren, verwandelt „Beautiful Dub“ einen etwas braven Dream Pop in in eine fast schon bedrohliche Klanglandschaft mit verhallten Noisefragmenten.
Eine Menge kleinteilige Metallschnipsel, schöngeistige Stilzitate und groteske Spielereien wie (artifizielles?) Froschquaken geben sich die Studiotürklinke in die Hand und tragen mit bei zur Überzeugung, dass Peaking Lights einen multiperspektivischen Blick auf ihr eigenes Schaffen und zudem ein besonderes Händchen für Dub haben. Ein Weg, den sie auch auf ihren weniger speziellen Releases weiter verfolgen sollten.
A. Kaudaht
Label: Wierd World/Domino Records