In ihrer Selbstbeschreibung klingen PAS Musique erfrischend old school, und zwischen den Zeilen lugt sogar etwas hervor, dass in unserer Zeit, gerade in „subkulturellen“ Millieus, längst unter dicken Schichten aus Abgeklärtheit und Coolness verschüttet scheint – ein kleines bisschen Idealismus. Die vier New Yorker, die die sogenannte Experimentalmusik schon weit länger bereichern, als Discogs suggeriert, arbeiten nach dem Credo, dass aus potentiell jedem Geräusch Musik entstehen kann, auch ohne stringente Rhythmen, vertraute Harmonien oder gar die gängigen Muster eines Songs. Ihr Ziel ist eine ganz eigene Welt der Schönheit aus fremdartigen Klängen. Bei all dem sind sie wahrlich nicht die ersten, aber ich hielt es schon immer für eine der Eitelkeit geschuldete Resignation, solche Konzepte über Bord zu werfen und durch Ratlosigkeit zu ersetzen, bloß weil ihr Anspruch als Lippenbekenntnis in gewissen Nischen Routine ist. Zudem versteht sich ihr vieldeutiger Name auch noch als Hommage an die Anomalen, Ausgesperrten, Abgetriebenen unserer Gesellschaft.
Je nach Blickwinkel mahnt ihr gerade erschienener Longplayer „Abandoned Bird Egg“ zur Skepsis und lässt die Frage offen, ob er den hochgesteckten Zielen denn gerecht wird. Im Einzelnen nämlich enthält die Musik etliches, das sich als Fundament eines kommerztauglichen Pop eignen würde: groovige Bässe mit viel Hall unterlegt wie ein Muster aus den Annalen des House. Funky Gitarrenmotive, allerhand Taktschläge, die an vertraute Strukturen von der Weltmusik bis zum Rhythm Noise erinnern. Dazu graduell ansteigende Kompositionen ohne nennenswerte Längen, die jedem Post Rock-Bubie eine Lektion erteilen. Letztlich ein Ereignisreichtum, der eher Reizüberflutung verursacht als das, was der gemeine Radiohörer ansonsten jeglichen Klangexperimenten attestiert – Langeweile. Schon das erste Stück, das bezeichnenderweise „Commercial Space“ heißt, enthält das meiste davon auf relativ komprimiertem Raum.
Dass all dies zusammen eher in Kakophonie mündet, lässt die Sache schon anders aussehen. Nun kann man schwer zugängliche Strukturen auf unterschiedlich virtuose Art erzeugen, und PAS erwecken den Eindruck, bei allem mit einem hohen Grad an Bewusstheit vorzugehen und ein Talent für überraschende Kombinationen zu haben. Altbackene, futuristisch konnotierte Elektronik und orientalisch anmutende „Ethno“-Sounds wirken keineswegs willkürlich gegeneinander geklebt und lassen im Kontrast vielfältige Assoziationen entstehen. Aus dem kleinteiligen Soundchaos, dass sich in den einzelnen Stücken mit der Zeit immer wieder anhäuft, winden sich oft gerade dann neue Komponenten heraus, wo man es am wenigsten erwartet hätte, und doch entsteht schnell ein stimmiges Bild. Selten entsteht der Eindruck atmosphärischer Widersprüchlichkeit, da die Stücke stets einen eigenen Charakter offenbaren, mag er auch noch so ungreifbar sein. Wenn „Modern Witchcraft“ streckenweise wie ein (bewusst) verhinderter Popsong klingt oder die Rhythmen sich in „Esoteric Funk Classic“ unsicher tastend nach vorn bewegen, scheint es darum zu gehen, die Funktionsmechanismen den Pop bloszulegen, in dem man den normalerweise gebändigten oder zurechtgestutzten Einzelkomponenten freien Lauf lässt und einen Ehrenplatz auf der Bühne zugesteht. Derart gut schafften das bissher, wenngleich mit ganz anderen musikalischen Mitteln, lediglich Coil auf „Black Antlers“.
In diesen Mechanismen und normalerweise versteckten Strukturen suchen PAS etwas Ursprüngliches, Urtümliches. Dass sie es hörbar finden, zeichnet sie als Musiker aus, die all diese Ansprüche formulieren dürfen, die bei vielen anderen zur Floskel gerinnen und deshalb besser vermieden werden sollten.
Label: Alrealon Musique