PHURPA: Hymns Of Gyer

Viele denken beim Thema Schamanismus heutzutage wahrscheinlich weniger an Mircea Eliade als an auf Island gedrehte und in Spitzbergen spielende Mysteryserien oder an die zahlreichen/zahllosen Scharlatane, die denjenigen, die auf der Suche nach einem weiteren Mosaikstück für ihre Bricolagespiritualität sind, ihre Dienste anbieten. Weiterlesen

GOLEM MECANIQUE: Nona, Decita et Morta

Unter der Namen Golem Mecanique hat die Französin Karen Jebane in den letzten zehn Jahren eine Reihe von teilweise konzeptionellen Arbeiten veröffentlicht, so z. B. Alben beeinflusst von Dantes Göttlicher Komödie („Chant IV“) oder Pasolini/Euripides („Medea“). Sie selbst spricht auf ihrer Bandcampseite als Bezeichnung für ihre Musik von „Drone Sacred music/ghost /speaking with faded gods /blind spots / Weiterlesen

RENALDO AND THE LOAF: The Elbow is Taboo / Elbonus

Obwohl Renaldo & The Loaf, ganz im Unterschied zu ihren frühen Unterstützern, den Residents, nie ein Geheimnis um ihre Personen gemacht hatten, umgab und umgibt sie bis heute eine Aura des Mysteriösen – so, als wäre ihr schalkhafter Humor, ihre Absage an alle gängigen Stilmuster, ihre Lust am Zweckentfremden aller erdenklicher Instrumente und die daraus entstehenden svankmajerhaften Parallelwelten eine Maske, die die dahinter verborgenen Musiker Brian Poole und David Janssen Weiterlesen

HEATHER LEIGH: Throne

In Heather Leighs bisheriger Diskographie nimmt „Throne“ in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahmestellung ein, denn es ist ihr bislang poppigstes Songalbum, dass sich vom ungeschliffenen Sound des drei Jahre alten „I, Abused Animal“ ebenso absetzt wie von ihren Zusammenarbeiten mit Peter Brötzmann, bei denen ihr Spiel auf der Pedal Steele-Gitarre einen eher subtilen, hintergründigen Part einnahm. Aber es scheint auch ihr intimstes Werk zu sein. Weiterlesen

UUUU: s/t

Als Thighpaulsandra vor zwei Jahren ein Album herausbrachte, das in seiner Reichhaltigkeit das Zeug zu einem Opus magnum hatte, hätten wahrscheinlich wenige daran geglaubt, dass in den folgenden Jahren weitere Erzeugnisse dieser Größenordnung aus der Richtung kommen würden, doch weit gefehlt: Unter dem mysteriösen Namen UUUU wurde dieses Jahr im gleichen Dunstkreis ein Allstar-Projekt aus der Taufe gehoben, dass sich mit Edvard G. Lewis, Matthew Simms (beide Wire) und eben Thighpaulsandra stark mit dem Line-up der „Golden Communion“ überschneidet und – nicht zuletzt wegen der Weiterlesen

OREN AMBARCHI: Hubris

Auf dem ersten Eindruck erscheint das Album „Hubris“, das Oren Ambarchi mit Hochkarätern wie Arto Lindsay, Jim O’Rourke, Joe Talia, Ricardo Villalobos und Keith Fullerton Whitman aufgenommen hat, wie ein äußerst strenges Werk, und dieser Eindruck bleibt über weite Strecken bestehen: Einfache rhytmische Muster dominieren den ganzen, noch eher sauber klingenden ersten Teil und verändern sich nur langsam über einen größeren Zeitraum hinweg, werden dichter, griffiger, neue Elemente kommen mit der Zeit dazu, doch an der Basis Weiterlesen

DANIEL HIGGS: The Fools Sermon, Part 1

Traditionell ist der Narr eine Figur, die ungestraft unangenehme Wahrheiten aussprechen darf. Der Deal ist, dass er als mehrdeutige Figur auftritt, deren Aussagen ebenso sehr als dumm, deren Haltung jederzeit auch als ironisch und scherzhaft aufgefasst werden kann. Wer sich nicht auf die Füße treten lassen will, der muss ihn nicht ernst nehmen. Geht es darum, unorthodoxe religiöse Wahrheiten zu verkünden, bedarf es mitunter Figuren, die sich im Grenzbereich von Prophetie und Narrentum aufhalten. Weiterlesen

V.A.: Sacred Flute Music From New Guinea (recorded by Ragnar Johnson & assisted by Jessica Mayer)

Mitte der 70er verbrachte der Anthropologe Ragnar Johnson, der sich in der Vergangeheit ausgiebig mit regionaler Musik in Äthiopien und dem Jemen befasst hatte, ein paar Monate in Papua Neuguinea, um zusammen mit seiner Kollegin Jessica Mayer rituelle Musik der Einheimischen zu erforschen und zumindest auf Tonkonserven vor dem Zahn der Zeit zu retten. Sein besonderes Augenmerk lag auf den meist aus Bambusrohren hergestellten Heiligen Flöten, mit denen die Stimmen von Geistern nachgeahmt und somit evoziert werden sollten. Weiterlesen

COH: Music Vol.

Unter denjenigen, die computerbasierte Musik machen, gibt es wenige, die das so ernsthaft betreiben wie Ivan Pavlov, der seit Jahren als COH in verschiedensten Genres elektronischer Musik agiert. Dabei können innerhalb einer Veröffentlichung Stimmungen und musikalische Ausrichtung wechseln, wie auf der vor etlichen Jahren veröffentlichten hervorragenden „Love Uncut EP“. Weiterlesen

WHEN: The Black Death

Im Jahr 1349 ereignete sich die vielleicht größte Katastrophe der norwegischen Geschichte, die die Bevölkerung des Landes auf einen Drittel ihrer vorherigen Größe schrumpfen ließ – eine Pestepedemie, von der sich der Schwede Ingmar Bergman zu seinem Film „Das siebte Zeichen“ inspirieren ließ, der aber v.a. der Maler Theodor Kittelsen in Jahr 1900 mit dem Bildband „Svartedauen“ ein düsteres Denkmal setzte. Der aus dem Progrock stammende Lars Pedersen, der unter dem lakonischen Pseudonym When schon eine Reihe experimenteller Alben herausbrachte, griff den Stoff Weiterlesen

COMPOUND EYE: Journey From Anywhere

„Journey From Anywhere“ ist nach dem sehr limitierten „Origin of Silence“ von 2012 das zweite Album des aus Drew McDowall und Tres Warren (Psychic Ills) bestehenden Projekts. McDowall war von Mitte der 90er bis zum ersten Teil von „Musick to Play in the Dark“ Mitglied von Coil und musikalisch bewegt sich Compound Eye auch in einem ähnlichen Universum wie diese. Weiterlesen

ÄÄNIPÄÄ: Through A Pre-Memory

Dass der ewige Drone inzwischen Einzug in viele Bereiche populärer Musik gefunden hat, daran ist Stephen O’Malley sicher nicht ganz unschuldig, gab es doch in den letzten Jahren keine Musikpublikation, in der nicht in jeder Ausgabe mindestens einmal ein Verweis auf Sunn O))) zu finden gewesen wäre. Dies und die Tatsache, dass Genres, die mit (scheinbar) einfachen und begrenzten Mitteln arbeiten, vielleicht noch einmal besonders viele anziehen und (vermeintlich) inspirieren, hat dazu geführt, dass die Zahl der Nachahmer inzwischen Legion ist (und manche von diesen vielleicht ebenfalls in eine Schweineherde ausgetrieben werden sollten). Weiterlesen

COH: Retro 2038

Schon in einem Interview, das ich vor einigen Jahren mit Ivan Pavlov führte, sprach er davon, „mit nichts [zu] beginnen und mit einem Chaos aus Klängen [zu] enden“, bezeichnete den Computer als ein Instrument, das „größere Freiheiten [als konventionelle Instrumente ]“ biete und unterstrich damit fortwährend das Schöpferische seiner Tätigleit. Zudem wurde im Gespräch immer wieder deutlich, mit welcher Begeisterung der gebürtige Russe Klänge erzeugte – „Method As Fun“ heißt ein Track auf „Retro 2038“ dann auch passenderweise und im Innern der CD-Hülle finden sich folgende Worte: „Contains no instrument samples, patches or other Additives 100% hand-made computer sound“. Weiterlesen

CINDYTALK: A Life Is Everywhere

Nicht wenige Bands der Postpunk-Ära kommen als lebende Tote zurück, zwängen sich in schwarze Klamotten, helfen vielleicht noch mit Kajal nach, um einen Auftritt auf dem jährlich in Leipzig stattfindenden Szenekarneval zu ergattern; Cindytalk gehen schon seit Jahren ihren eigenen (sehr eigenständigen) Weg und haben sich klanglich dabei (wieder einmal) neu erfunden. Die Elektronik, die das letzte verbliebene Mitglied Gordon Sharp seit einigen Jahren passenderweise auf Editions Mego veröffentlicht, lotet aus, was im Spannungsfeld von Mensch und Maschine klanglich alles möglich ist. Weiterlesen