NOVEMBER NÖVELET: Electrical

Es gab eine Zeit, da wurden all die (oft) schwarzgekleideten, schwarz- wie (manchmal) klarsehenden Bands von der Mainstreampresse bestenfalls abfällig belächelt, meistens aber ignoriert, die Besprechung dunkler Musik überließ man Szenemagazinen; seit etlichen Jahren aber sind Künstler auch dank Labels wie Dais oder Sacred Bones für Hipster goutierbar geworden. Die Kehrseite dieses Booms ist die inzwischen entstandene (Über-)Fülle an Bands und Projekten, die häufig optisch wie musikalisch ununterscheidbar geworden sind.

November Növelet, die ich in einer Besprechung einmal als die großen Melancholiker im Galakthorrökosmos bezeichnet habe, kann man diesen Vorwurf nicht machen, bewegen sie sich doch schon sehr lange unter dem „langen Schatten der Melancholie“ und frönen der „schönen Kunst der Kopfhängerei“ (U. Horstmann) auf konsequente und originelle Weise.

Anlässlich der 2016 erschienenen Zusammenstellung der Singles des Projekts skizzierte ich kurz die Entwicklung von der noch recht dissonanten „More Satanic Heroes“-7”, mit denen der Haus Arafna-Ableger 1994 debüttierte, bis hin zum (Angst-)Pop, wie etwa auf dem 2016 erschienenen Album „The World In Devotion“. Auf inzwischen vier Alben und drei 7”s wurde der Sound ausdifferenziert und perfektioniert.

Auf dem neuen,11 Stücke umfassenden Album wird dieser Weg konsequent fortgeführt. Der Opener „No Love To Give“ mit flächigen todtraurigen analogen Sounds, Melodietupfern und vereinzelten Beats stellt musikalisch wie textlich das weitere Programm vor: „I have no soul / no heart to give“, klingt es fast schon erschöpft; November Növelet haben sich immer und immer wieder an den Schattenseiten (zwischen-)menschlichen Existierens abgearbeitet. Dies spiegelt sich auch in den restlichen Texten wieder, man ist „alone like a cold star“ („No love to give“), konstatiert „dont you see / we will burn“ („Möwen“), „you’re not safe in this world/there’“ („The root of your fear“) oder „don’t stay with me to watch me bleed“ („Cry for blood“). In solch einer skizzierten Welt kann die Natur nur als  „bleeding sky raining ash“ („I look into faces“) existieren.

Auf „All The Blame“ untermalt ein treibend pochender Rhythmus den teils lakonischen Gesang. Das deutsch betitelte „Möwen“, zu dem ein Schwarzweißvideo gedreht wurde, ist vielleicht der (düstere) Pophit auf diesem Album. Auch „I look Into Faces“ kombiniert Beats mit diesen todtraurigen analogen Sounds, „Catching The Stars“ ist ein leicht treibendes so typisches catchy November Növelet-Stück, während das atmosphärische „The Root Of Your Fear“ getragener klingt. Auch „Cry For Blood“ und das Titelstück regen zur Bewegung an.

Während viele andere zeitgenössische Projekte alleinig auf die Tanzfläche fixiert zu sein scheinen, zeigen November Növelet, dass es mehr gibt und stellen neben die druckvolleren Stücke kurze instrumentale Tracks, auf denen den melodischen analogen Klängen etwas Fragiles und Geisterhaftes innewohnt, ganz so, als tönten diese Stücke aus dem Äther in einem/einen liminalen Raum, so bei „The Cathedral“ „Strom I“ und „Strom II“.

Der das Cover des Albums zierende Blitz illuminiert die Dunkelheit von “Electrical” nur kurz. (MG)