MACU vs. FEDERICO BARABINO: Waves

Susanne Hafenscher alias MaCu beackert von Wien aus schon lange diverse Bereiche intensiver Drones und filigraner Ambientsounds, ihr gutes Ohr für subtile Klangverknüpfungen verdankt sie neben ihrem ununterbrochenen musikalischen Forscherdrang auch einem Musikstudium, in dem sie sich mit Größen wie Ligeti oder Varese auseinandergesetzt hat. Mit dem argentinischen Elektroakustiker Federico Barabino kam sie durch die günstigen Umstände, die das Netz bereithält, in Kontakt. Auf den üblichen Wegen kamen Stücke, alle zwischen acht und zehn Minuten lang, zustande, die soeben bei Inner Cinema erschienen sind.

Die im Titel genannten Wellen treten zunächst sehr langsam in Erscheinung, in Form eines rauschigen, hintergündigen Drones. Barabino verleiht bereits dem Eingangsszenario durch einen dezenten E-Bass-Anschlag eine doomig angeschwärzte Note. Als Hörer ist man in einen merkwürdig spannungsgeladenen Film versetzt, dessen Reiz allem voran der Ungewissheit über die zu erwartenden Ereignisse geschuldet ist. Seltsame kurze Klangeinsprengsel verändern die Stimmung nicht wirklich, doch das Rauschen wird intensiver, und hohe Keyboardflächen, die wie verirrte Lichtstrahlen erscheinen, verunsichern die Szenerie noch mehr. Ist das Stück irgendwann auf seinem rauen und harschen Höhepunkt angelangt, dann wirkt das ehrliche, handfeste Lärmen fast beruhigend. Doch der kurz angeschlagene Bass als verlässlicher Spannungserzeuger stellt die alte Frage erneut. Bei der zweiten Welle geht es dynamischer zu, wiederholtes Hauchen und Flüstern sorgen einige Momente lang für laszive Leichtigkeit, ein Geräusch wie Pferdehufe auf Papier unterstreicht dies, nur der lässige Bass schlägt in seinem Sarkasmus die Brücke zum vorherigen Drone.

Ein bösartiger Hochfrequenzton leitet über in die zweite Hälfte der kleinen Sammlung. Hier ist alarmierende Fiesheit angesagt, doch ehe man denken könnte, die Schöngeisterei sei an ihrem Ende angelangt, wird nach dem Noir-Bass ein weiteres Stück Tradition aus der Klischeekiste geholt: Gewitter – man könnte nun meinen, man sei beim Gothic Horror angelangt. Doch Hafenscher und Barabino spielen nur kurz damit, konterkarieren den heimelig-unheimlichen Spuk mit etwas, das wie extrem manipulierte MG-Salven klingt. Auch im weiteren Verlauf ist dank weiterer Hochfrequenztöne Hören mit Schmerzen angesagt – ich frage mich bei solchen Klängen stets, ob es Hörer gibt, die dem ein Mindestmaß an Lust abgewinnen können, die ja auch beim Genuss von im klassischen Sinne „unschöner“ Musik immer eine Rolle spielen muss. Hier werden sie jedenfalls punktuell eingesetzt und wirken einer allzu leichten Konsumierbarkeit entgegen.

Hafenschers und Barabinos Wellen sind als Tape (lim. auf 50 Exemplare) und als Download erhältlich. Aufgrund ihrer subtilen Intensität und wegen ihres narrativen Ereignisreichtums stechen sie aus der schieren Masse an Droneambient-Veröffentlichungen heraus.

A. Kaudaht

Label: Inner Cinema