Als Spezialausgabe des Periodikums “Zonic: Magazin für „Kulturelle Randstandsblicke & Involvierungsmomente” ist vor kurzem im Ventil-Verlag ein Sammelband erschienen, der sich thematisch mit dem Jahr 1984 im Spiegel künstlerischer Sub- und Gegenkulturen in Ost- und Westeuropa befasst.
“Der Roman 1984 von George Orwell und seine Verfilmungen haben sich tief in das kulturelle Bewusstsein eingegraben: als Sinnbild für radikale Entindividualisierung, systematische Gleichschaltung und vor allem totale Überwachung. Anlässlich von 30 (+ x) Jahren 1984 soll es hier um eine besondere Perspektive auf das Orwell-Jahr gehen: das reale 1984, gespiegelt durch genreübergreifende künstlerische Subkulturen. Beide Blöcke standen sich in jenem Jahr atomar bis an die Zähne bewaffnet gegenüber; was den apokalyptischen Ton nicht weniger subkultureller Äußerungen bedingte.
Aus dem Ost-Block wird vorgestellt, was es nach Orwells dystopischer Vision nie hätte geben können: Dissidenz, Nonkonformismus und radikale Randständigkeit. Wobei sich der Große Bruder mit dem Underground der so genannten Bruderländer konfrontiert sieht.
Aber auch im West-Block wurde die Staatsmacht nicht arbeitslos. 1984 war das Jahr des britischen Bergarbeiterstreiks, den Künstler wie Crass, Mekons, Test Dept., KUKL, Robert Wyatt unterstützten. Apple warb mit Anti-Big Brother-Werbespot, Ronald Reagan wurde wiedergewählt, AIDS kam in die Öffentlichkeit und die NDW verebbte traurig.
Ein Schnitt durch die unteren Kultur-Sedimente des mythisch aufgeladenen Jahres 1984, der mit und ohne Orwell-Bezug spannende Verhältnisse und die daraus entstandenen Sounds, Bilder oder Texte ausgräbt.
Inhaltsverzeichnis
Alexander Pehlemann: 1984! Block an Block. Subkulturen im Orwell-Jahr. Eine Art Einleitung
Frank Apunkt Schneider: There’s no future like »no future«
mr makowski: 1984: The Best Year In My Life?. Ich lade zum Tanz. Vielleicht Pogo, vielleicht Ska. Pol-Ska
Avi Pitchon: Oi! The Playlist. Das 1984 eines israelischen Punks
Michael Gratz: Lyrik in Zeiten von Newspeak
Wolfgang Müller: Apokalypsen in der Wohnzimmertapete. Westberlin im Jahr 1983: Nur noch zwölf Monate bis zum Weltuntergang
Marcus Psurek: Arm the Unemployed! – Frankie, New Pop und die Wucht der Uneigentlichkeit
Alexander Pehlemann: 198Four Well?. Mit Mikoláš Chadima und Ivan Bierhanzl im Gespräch
Jan Tölva: Extremely Loud and Incredibly Brutal. Das Jahr 1984 als Geburtsstunde von Death und Black Metal
Bert Papenfuß: Fortgesetzte Abgesänge auf Anfänge unter Umständen. Folge 5: Januar bis Juni 1984
Peter Wawerzinek: Kunsthochklemmmappe
Matthias Meindl: 1968–1984. Eine sexuelle Dekadenzgeschichte in drei Jugo-Filmen
Jonas Engelmann: Die Verschwulung der Welt. AIDS. 1984
Matteo Colombi: 1984, oder das Begehren und Aufbegehren der slowenischen Subkulturen
Alexei Monroe: In Memoriam Tomaž Hostnik, Ljubljana, 21. Dezember 1984
Mario Mentrup: 1984 kaufte ich Africa/Brass
Gábor Klaniczay : Subkultur und Underground im Jahre 1984 in Ungarn
Ray Schneider: Attentat im Friedensstaat
Thomas Helmprecht: Startbahn 18 West. Vom Hüttendorf zur politischen Jugendkultur im südlichen Rhein-Main-Gebiet
Kay Osterloh: Jena 84 und die großen Brüder
Michael Freerix: Post Punk in Ostfriesland
Marc Schweska: Technik- und Subkultur
Joerg Waehner: Endstation Balkan
Martin Büsser : Die Weltformel auf der Fußsohle
Diana Ivanova: BG 1984. Schaue niemals Bilder zur Beruhigung vor dem Tod an
Pavla Jonssonova: Never Mind 1984, Here’s Hudba 85
Martina Lisa: Klirrende Rasierklingen am Klavier. Der Mythos Filip Topol
Filip Topol: Tag und Nacht
Alexander Nym: Ziffern und Zeichen im Wandel der Zeiten. 1984 als popkulturelle Referenz und gescheiterte Chiffre
Robert Mießner: Gegenseitige Hilfe. Künstler zum und im britischen Bergarbeiterstreik 1984/85
Ewgeniy Kasakow: Das lange Jahr 1984. Ein Krisenabschnitt der sowjetischen Rockszene
Claus Löser: Die Helden des »Parallelen Kinos«
Su Tiqqun: Der Gedrechselte
Su Tiqqun: Die Schwangere”