Die aus der Country- und Westernmusik bekannte Pedal Steel Guitar, die man als Laie nicht auf den ersten Blick als Gitarre erkennt, hatte ursprünglich wenig Berührungspunkte mit Blasinstrumenten wie Saxophon und Klarinette. Erst in jüngerer Zeit und im Zuge hybrider Stilansätze kamen diese Instrumente miteinander in Berührung, und mit dem entsprechenden Mut zum Improvisieren entfalteten sich bald interessante Harmonien und Kontraste.
Hört man sich das erste gemeinsame Album von Heather Leigh und Peter Brötzmann an oder sieht eines ihrer Konzerte, dann könnte man meinen, dass die Pedal Steele und Blasinstrumente wie Tenorsaxophon, Bassklarinette und das aus Ungarn stammende Tárogató schon immer zusammen gehört hätten. Ähnliches kann man von den beiden Virtuosen sagen, die sich aber erst 2015 kennen lernten und seit letztem Herbst zusammen auftreten. Leigh, die aus den USA stammt und heute in Glasgow neben ihrer Musik noch den rührigen Vulcanic Tongue-Kosmos mitbetreit, ist Sängerin und Instrumentalistin im Grenzbereich zwischen Americana und freier Improvisation, ihr älterer Kollege ist einer der bekannteste Saxophonisten Deutschlands und für seinen impulsiven und ekstatischen Stil bekannt.
Das vorliegende One Track-Album entstand wohl aus einer spontanen Idee heraus, als Leigh als Teil des Peter Brötzmann-Oktetts mit ihm in Krakau wohnte und sich schnell gemeinsame Interessen herausbildeten. Herausgekommen ist dabei ein knapp halbstündiges Stück, dass peu a peu zu einem wandlungsfähigen Narrativ aus Episoden heranwächst, die sich immer wieder spontan aus vorangegangenen Motiven herausentwickeln.
In den ersten Momnten des eher smoothen Einstiegs hört man Leigh kaum, und das Zentrum des Geschehens ist ganz dem melancholischen Saxophonspiel Brötzmanns überlassen, das zunächst immer wieder in bedeutungsvolle Stille zurückfällt, aber nach kurzer Zeit ornamentaler wird und schnell die für ihn typische Expressivität und Unberechenbarkeit offenbart. Unberechenbar wird es v.a. auch beim Tempo, dass sich immer wieder zu drängenden Höhenflügen steigert. Wenn Leigh dann etwas deutlicher zu hören ist, bildet ihr wabernder Klangteppich erst einmal einen angenehmen Rahmen, in welchem Brötzmanns breite und teilweise schrille Pinselstriche um so forscher wirken.
Doch mit der Zeit wird klar, dass die Gitarre die Ränder nicht mit beliebigen Hintergrundfarben ausfüllt, sondern subtil mit dem Duettpartner und dem Klang der jeweiligen Blasinstrumente kommuniziert und ihr Spiel durch kleine Vorgaben sogar zu führen versteht. Bisweilen kommt es sogar zu kleinen „konfliktreichen“ Situationen, bei denen die Musiker sich für Momente wie Gegner gegenüber stehen. Dann gibt es interessante Rangeleien, bei denen sich beide letztlich als versierte Entfesselungskünstler erweisen. Die Momente, an denen Leigh vorübergehend den vorderen Bühnenraum erobert, zählen neben Brötzmanns fast hendrixartigen Soli auf dem Tenorsax zu den unangefochtenen Höhepunkten des Albums. (U.S.)
Label: Trost Records / Not Two Records