Die englischsprachige Songtradition ist voll von morbiden und makaberen Geschichten. Lange vor Nick Cave gab es Murder Ballads, und wer sich einen kleinen Einblick in dieses Thema verschaffen will, der findet einiges dazu in unseren Besprechungen zu Shirley Collins und The Hare and the Moon. Wenn ein Sarkast wie Stephen Burch von The Great Park in gewissen Abständen überlieferte Songs zwischen seine Eigenkompositionen packen will, steht ihm also ein großer Fundus an tiefschwarzen, von Vergänglichkeit kündenden oder allzumenschliche Torheiten verspottenden Folksongs zur Verfügung.
“When I was Single”, ein vermutlich aus Schottland stammendes Traditional, das sich im frühen 20. Jahrhundert in der gesamten englischsprachigen Welt verbreitete, ist seit einiger Zeit ein Höhepunkt seiner Konzerte, und man könnte den Song als den unbekannteren Bruder oder zumindest einen entfernten Verwandten des berühmten “The Cuckoo” bezeichnen, denn auch hier warnt jemand seine Zuhörer eindringlich davor, sich nicht leichtfertig zu binden – v.a. aber, wenn schon, seiner ersten Wahl zu trauen, denn die folgenden Versuche, eine Ehe zu führen, werden nicht unbedingt besser. Bei seiner Erzählung trieft ihm der Schalk aus allen Poren: Die erste Gattin hat ihn betrogen und arm gemacht, Xanthippe Nummer zwei wollte ihm gar mit einem Strick ans Leder etc., doch zu seiner Erleichterung beißen die Damen alle rechtzeitig selbst ins Gras. Auch wenn das Possenhafte bei den etwas druckvolleren Live-Versionen stärker zum Ausdruck kommt, sind der fragile Stimmvortrag und und die fast gespenstisch anheimelnden Finger Pickings mal wieder eine Wegmarke im Großen Park.
Auf der gleichnamigen EP, die als Teaser zum bald erscheinenden Album “Woe” fungiert, finden sich noch zwei eigens verfasste Stücke in ähnlichem Strickmuster: Geschichten über das Alleinsein, oder über Wendepunkte, in denen sich das Alleinsein ankündigt, in gelassener Wehmut besungen zu sanften, lässigen Gitarren, die Freunden von Michael Cashmore oder In Gowan Ring gefallen sollten, bester “Problem Folk”, wie es einmal jemand ausdrückte. Und wer bei der Dauerrotation der Great Park-Songproduktion schon mal den Faden verliert, dem rate ich, zumindest einmal pro Jahr die entsprechenden Plattformen zu besuchen – wenn man Geschmack hat, findet man garantiert immer etwas, das sich lohnt. (U.S.)
Label: Woodland Recordings