Als das Debütalbum „Holy Fire“ auf Joe Budenholzers Minilabel Harbinger House 1996 über World Serpent veröffentlicht wurde, da passte es musikalisch-thematisch zum dort beheimateten Apocalyptic Folk. Der aus dem Umfeld des Cinema of Transgression stammende New Yorker orientierte sich mit seiner oft dunklen Musik am Folk der britischen Inseln und während Kollegen Jim Jones coverten, ließ er auf dem Debütalbum David Koresh, den Jesus von Waco, zu Wort kommen, über den er auch einmal ein Musical schreiben wollte. (Interesse an und Thematisierung von) Religion fand sich also von Anbeginn bei Backworld. Budenholzer vertonte Texte von christlichen Mystikerinnen wie Mechthild von Magdeburg oder des „Cockney Visionary“ William Blake, aber anfangs war sein Verhältnis zum Christentum noch durchaus ambivalent. Auf dem zweiten Alben „Isles Of The Blest“ stand „God against all“, war das Haus Gottes (noch) ein „house of slaughter“, wurde das das Cover zierende Bild Hildegard von Bingens so manipuliert, dass das Gesicht der abgebildeten Figur ein (Toten-)Schädel war. Auf dem dritten Album „Anthems From The Pleasure Park“ wurde ein „destroying angel“ besungen, der dem Mund der Ewigkeit die schreckliche Zunge der Endlichkeit entriss (der Wunsch nach Transzendenz wurde hier also wie so häufig mit Gewalt gekoppelt) und in einem anderen Stück hieß es: „Magick is love“. Der Nachfolger „Of Silver Sleep“ klang musikalisch und textlich weniger düster. Die Hinwendung zum Christentum wurde auf dem Nachfolger „Good Infection“ bildlich wie textlich vollends virulent (darauf zu finden waren Lieder „to the lamb who has died“ „bringing new light“ und „gentle rain“ fiel) und Budenhozer orientierte sich musikalisch etwas stärker am Folk seines Heimatlandes. Es gibt in „England’s Hidden Reverse“ eine Passage, in der er beschreibt, wie David Tibet ihn dazu brachte, sein Interesse an Häretischem und Transgressivem zu hinterfragen. Nach längerer Pause knüpfte „Come The Bells“ 2011 von der dunklen Stimmung an das Frühwerk an, fügte aber noch kammermusikalische Elemente in das Klangbild ein. Seine auf einem Langgedicht Francis Thompsons basierende Oper “The Hound of Heaven“ setzte sich dann auf den ersten Blick doch etwas vom sonstigen Werk ab, bezeichnenderwerweise findet sich davon auch kein einziges Stück auf „Sacred And Profane Songs“, einer Zusammenstellung der ersten sechs Alben von Backworld, was letztlich aber schade ist, denn das Album wies bei allen Unterschieden durchaus eine gewisse Verwandtschaft zum Vorgänger auf und das darauf enthaltene „Consuming Fire“ ist ein fantatstisches Stück.
In einer A-Chronologie werden die Schwerpunkte bei „Sacred And Profane Songs“ eher bei den ersten drei Alben gesetzt. Es ist nicht ungeschickt, dass das Album von dem wunderschön melancholischen, von zweistimmigem Gesang durchzogene „The Devil’s Plaything“ eröffnet wird. Darauf folgt das dramatische Titelstück des Debüts „Holy Fire“, auf das der Name dieser Zusammenstellung anspielt. Es folgen zwei Tracks von „Isles Of The Blest“: Das Titestück und das düstere „Season Of Sacrifice“. Noch heute wird die eine oder andere Tanzfläche von dem treibenden „Destroying Angel“ von „Anthems From The Pleasure Park“ beschallt. Mit „Come With Joy“ folgt der vielleicht stärkste Song des Debüts. Das Titelstück des dritten Albums ist ein optimistischer Song in Erwartung des wiedergefundenen verloren Paradieses , das von Maya Hardinge gesungene „Between Two Worlds“ ist der einzige Song von „Good Infection“, es folgen die beiden stärksten Stücke von „Of Silver Sleep“,„Melody“ und das apokalyptische „The Tide“, das kontemplative „Language of Dreams“ stammt von „Come The Bells“.
Interessant sind die das Album abschließenden zwei neuen, 2019 aufgenommenen Stücke: „Love And Its Disintegration“ hätte mit seinem schönen Fingerpicking, Schlagzeug und flächigen Keyboards auch gut auf „Of Silver Sleep“ gepasst. „In This New Dark Age“ (das schon auf „Lies and Lullabies“ besungen wurde) mit dumpfer Perkussion, orientalischer Flöte, Mollgitarren und dezenten Keyboardtupfern und der Diagnose „Darkness grows gently around us/Now it has found us/In this isolation“ wäre vielleicht auch auf dem Debüt nicht fehl am Platz gewesen. Das hier beschworene neue dunkle Zeitalter ist textlich nur bedingt zu lokalisieren, schaut man sich Joe Budenholzers spärliche Facebookeinträge an, dann könnte man daraus schließen, dass er den gegenwärtigen Zuständen in God’s Own Country wenig Begeisterung entgegenbringt. Das sollte eigentlich Motivation genug für ein vollständig neues Album sein. (MG)
Label: Dark Vinyl