Beim ersten Hören könnte man „Walking in a a Boundless Dream“ als eine von außen vorgenommene, halbmuseale Erkundung asiatischer Musik oder dem, was man sich darunter vorstellt, verstehen – vergleichbar vielleicht mit Fatima al Qadiris „Asiatisch“, auch wenn die Vermischung ambient elektronischer Producermusik mit folkiger Instrumentierung aus Fernost mehr auf gepflegtes Pop-Entertainment als auf die Entlarvung exotischer Projektionen abzielt.
Allerdings ist Guzz ein in Bejing residierender DJ und Musiker, der mit Do Hits bereits vor zehn Jahren ein lokal wichtiges Elektronik-Kollektiv ins Leben gerufen hat. Auf seinen letzten Arbeiten mischte er Clubmusik erstmals mit traditionell chinesischer Musik, im Zuge dessen wandte er sich immer mehr von tanzbaren Paradigma ab, und der Sound auf seiner neuen Solo-LP könnte nun als pan-asiatisch bezeichnet werden.
Melancholische Saitenklänge und entspannte Rhythmen erinner schon in den ersten Minuten an vieles, das im kulturellen gedächtnis als asiatisch konnotiert ist, rückprojizierte Erinnerungen an Filme oder Urlaubsreisen kommen auf, rituelles Gerassel und wie ein Windhauch herbeigewehte Flötentöne erzeugen in weiteren Stücken Kolorit pur. Guzz hat sich wohl in erster Linie an den Musiktraditionen Myanmars und Indiens orientiert, und vielleicht sind es auch die Tracktitel, die beinahe anheimelnd exotische Asoziationen sprießen lassen: The Floating Light, Time River, An Epic Poem Dissipates Over the Coast, Sky Tree etc.
Eine schräge Seite offenbart sich aber auch auf „Walking in a Boundless Dream“, in repetitiven Gesängen und krautiger Retro-Elektronik, später in eingespielten Gesprächsfetzen, verkorksten Stimmen und tickenden Uhren, die dem grenzenlosen Traum immer wieder für Momente in ein avantgardistisches Hörspiel verwandeln. Tolle Platte, die sicher auch auf einem größeren Label eine gute Figur machen würde. (J.G.)