Insekten üben seit langem eine (nicht nur) klangliche Faszination aus: Man denke an die vielen Filme, in denen das Zirpen der Zikaden fast schon ein alternativer Soundtrack ist oder an die symbolische Bedeutung der Geräusche der Grillen in einem Stück wie Sam Shephards „True West“. Eine Reihe von Musikern wurden vom Klangpotenzial der Insekten angezogen: 1986 veröffnetlichte Graeme Revell „The Insect Musicians“, sein Versuch einer auf dem Geräusch von Insekten basierenden “micro-musique” (gerade ist das Album auf Old Europa Cafe neu herausgebracht worden), jüngst erschien noch ein Album namens “The Life Of Insects” von der in Berlin lebenden Peruanerin Ale Hop.
Der 1971 in Athen geborene Thanos Chrysakis hat zahlreiche Alben veröffentlicht und betreibt das Label Aural Terrains, “a creative space for exploratory contemporary music in its different manifestations”, auf dem er u.a. Alben von Francisco López, Tomas Phillips oder Michael Edwards veröffentlicht hat.
Auf “ΕΛΥΤΡ” basieren die Stücke auf dem Klang von Grillen, der für Chrysakis fast eine “transcendent qualitiy” hat. Das das Album eröffnende 8-minütige „Alabaster Tide“ ist eine dichte Klangfläche, die anfangs in ihrer rabiaten Unruhe durchaus an einige der perkussiven Arbeiten von Z’EV denken lässst. Hier fühlt man sich, als befinde man sich geradewegs inmitten zahlloser Insekten. Das Unruhige wird aber im Verlaufe des Stücks zurückgefahren, schließlich hört man ein paar hochfrequentere Passagen und Knirschen. „Coral Aether“ knüpft mit seinem Knistern und Flüstern daran an. „Tortoise Pilgrimage“ besteht aus flirrenden und sirrenden kristallinen Sounds, die gar nicht so weit von einigen Aufnahmen Asmus Tietchens entfernt sind, dann plötzlich meint man, ein Windspiel erklinge. Eine größere Reduktion hört man auf „Tranquil Edge“ mit seinem Knistern, das den Eindruck erweckt, als ob kleine Zweige brechen würden. Dann gibt es „Delphic Maxims“ mit fast schon wasserartigen Sounds oder das Rascheln bei „Pierian Roses, das sich im weiteren Verlauf verdichtet. Schließlich endet das Album mit „ A Shadow’s Dream“ mit erratischen perkussiven Momenten, und dann plötzlich – unerwartet – etwas, das wie ein Piano klingt. Auch ohne die Faszination, die vielleicht vom Ausgangsmaterial ausgeht, ist das ein sehr starkes Album. (MG)
Label: Auf Abwegen