Die unter dem Namen Assoziazione Alas oder A.A.V.V. operierende Künstlergruppe bringt dieser Tage eine Compilation zur Feier und zur Unterstützung des im sardinischen Macomer gelegenen Gebäudekomplex Alas heraus. Alas war im 19. und 20. Jahrhundert ein wichtiges industrielles Zentrum der für seine benachbarten Gigantengräber bekannten Kleinstadt im Inland der Insel und beherbergte u.a. eine in der noch lange agrarisch orientierten Region wichtige Molkerei.
Gleichzeitig hatte der Ort wie viele industrielle Produktionsstätten dieser Zeit äußerst relevante gesellschaftliche Funktionen: “State-of-the-art laboratory for social redemption, female emancipation, the fight for workers’ rights”, heißt es im begleitenden Text der Sammlung. Seit der Schließung des Komplexes als Produktionsstätte entwickelte sich Alas, wie viele ehemalige Fabrikgebäude, zu einem Zentrum für verschiedene kulturelle Aktivitäten und im besonderen für Musiker, die den Ort mit einer couragierten DIY-Attitüde zu einem experimentellen Musikzentrum gestalteten. “A place that has been home, for years, to this community and has inspired with its industrial archaeological emergence and actively dialogued with it”, heißt es, doch vor einigen Jahren fielen auch diese Aktivitäten dem Zahn der Zeit, genauer den steigenden Mieten, zum Opfer.
Als Reaktion auf diese Entwicklung wurde die Associazione Alas gegründet: “In 2012, in conjunction with an important restoration work, this group of artists named Associazione Alas has placed, with the organization of a conference and an exhibition of visual arts, the accent on its possible future reuse in a cultural key.” Die schlechte Nachricht ist, dass alle Versuche, den Ort als Kulturzentrum neu zu beleben, bisher von geringem Erfolg gekrönt sind. Die gute Nachricht ist, dass die Ambitionen bisher zahlreich Veranstaltung und kreative Arbeiten hervorgebracht haben, die Alas – über dessen Zukunft als physisch-geografischen Ort nach wie vor nicht alles gesagt ist – längst zu einem umso fruchtbareren ideellen Ort gemacht haben, der sich bereits an verschiedenen Orten – Rom, Bologna, Turin, Berlin, Amsterdam, etc. – durch künstlerische Dialoge manifestieren konnte.
Die vorliegende Compilation dient auch dem Zweck, dem Projekt größere Aufmerksamkeit zu verschaffen, aber ebenso um schon erreichtes zu feiern. Viele der Beiträge vertreten eine experimentell ausgerichtete Klangkunst, die sich nicht selten an der Grenze lärmender Geräuschmusik bewegt. Kosmisch dröhnend und rauschend: AFA. Mit folkigem Saitenspiel und geschäftigen Field Recordings unterfütterte Klagen: BUSTAL, die Erinnerungen an alte Novy Svet wachrufen. Somnambule Soundscapes, mal mit unberechenbaren Tribal-Rhythmen getaktet (A.M.P.), mal mit fatalistischen Fanfaren in ein dystopisches Szenario versetzt (Gianmarco Oggianu), mal von endzeitlichen Vocals noch tiefer in ein solches vordringend (Idia Von Halkein). Entgrenzter Noise: Desert Drone. Durch den surrealen Fleischwolf gezogene Maschinensounds: Federico Murgia. Rituell anmutende Perkussion, deren Takte und Materialien sich stetig verändern: Iorad. Wie ein kleiner Teaser für ihr nächstes Album wirkt “Old NeuBauten” von Hermetic Brotherhood of Lux-Or, der zwischen Post Industrial und ritueller Archaik oszillierende Sound des Stücks macht auf weiteres gespannt, die unberechenbare Stoßrichtung seines kompositorischen Aufbaus ist repräsentativ für vieles auf dieser Sammlung.
Gegen Ende fallen die Stücke songorientierter und somit weniger abstrakt aus. Malaria Throughout rüttelt die Hörer mit einer postapokalyptisch anmutenden deutschen Deklamation wach und stimmt ein auf den verkappten Postpunk-Clubhit von Nocturnal Frenzys. Es folgt die leider viel zu kompakte Psychedelik von Phlebas und der räudige Lofi-Schlusstrack von Ass Ache, der der Sammlung mit Goth-Bassläufen, heiserem Krächzen und polternden Drums ein Finale verpasst, wie es nur ein dreizehnter Track vermag. (U.S.)