Scotty Irving hat Schlagzeug u.a. für Eugene Chadbourne gespielt, als Clang Quartet macht er seit Jahren eine spannende Mischung aus perkussiven Elementen und Noise, erinnert manchmal etwas an Z’EV. Seine Auftritte enthielten durchaus Elemente von Performance Art. Irving tritt inzwischen nicht mehr auf, weil er sich auf das Aufnehmen neuer Stücke konzentriert.
In der Trias der Selbstbeschreibung („HARSH NOISE, DRUMS, WACKINESS FOR JESUS since 1997.“) fällt die Nennung des Zimmermannes etwas aus dem Rahmen, verbindet man die Bezugnahme auf das Christentum in affirmativer Weise doch – trotz gelegentlicher Ausnahmen – seltener mit Noise und verwandten Genres.
Spätestens seit dem Einzug des orangefarbenen Monsters in das Weiße Haus und der akzellerierenden Polarisierung der USA zeigt sich auch eine (noch stärkere) Radikalisiering einiger Spielarten des Christentums: „Christian nationalism“ sieht die USA als weiße, christliche Nation, evangelikale Christen gehören zu der Wählerkohorte, die Trump am stärksten die Treue hält. Die Versuche, die Trennung von Staat und Kirche aufzuweichen, hat sicher nicht unwesentlich zur Formierung des Satanic Temple beigetragen, der nach dem Satanismus eines La Veys mit seinen sozialdarwinistischen Elementen hier als aufklärerisches Antidot gegen ein reaktionäres Christentum gesetzt wird.
Irving spricht in einem älteren Interview von „Starting with my life without Christ, the stumbling blocks that I have fought to get around, and then my life WITH Christ and the much better results I feel I have gotten“. Sein Christentum steht allerdings in scharfem Kontrast zu den oben erwähnten Fundamentalisten – insofern ist er mit seinem liberalen und menschenfreundlichen Vortstellungen (die klar auf “A Slow Death For The Peacemaker” artikuliert werden) letztlich näher an Lucien Graves als an David Berzins.
„The Abortion Card“ beginnt mit Noisegebrutzel, Metallperkussion, dazu dann eine brutal deklamierende Stimme, die durchaus an Power Electronics erinnert: „Forgive us Jesus for playing the abortion card because it’s the only thing we have left“. „With Weariness and Heavy Heart“ ist weniger rabiat. Die Textrezitation „My fellow Christians are condemning me/They show more love to guns than to people“ wird untermalt von Dröhnen und vereinzelten perkussiven Schlägen. Auf „Banished From Eden/A Christian Without A Church“ klingen die Vocals noch einmal anders, wird hier doch auf eine ganz eigene rezitative Weise gesungen: „You say I’m too Christian for the Christmas show“ oder „I’m not judgmental enough to be part of your church“, kann man da hören. Dann geht es über in leicht melodisches Rauschen. „Friends Become Enemies (Psalm 55:12-16)/Purification By Fire (Ezekiel 22:17-22)/Prayer For Peace (Psalm 139)“ besteht aus Noise und Gebrutzel, dann Stille, Wasser plätschert, ein paar Glöckchen werden gespielt. Schließlich dann der kurze Abschluss mit „Sufficient Grace (sounds based on my December 2022 MRI)(2 Corinthians 12:9)“: Eine Melodie lässt sich erahnen, ein schleifendes Geräusch kehrt immer wieder. Bei diesem Stück versucht Irving das Geräusch zu simulieren, das er während eines MRTs (vor seiner Krebsdiagnose) hörte.
Diese ziemlich eigenständige wie eigenwillige Mischung macht „A Slow Death For The Peacemaker“ zu einer ziemlich starken Veröffentlichung. (MG)
Label: No Rent / Strange Mono