In dem 2017 erschienenen Buch „Fantasyland“ skizziert Kurt Andersen, wie der Hang zum Irrationalen in der Geschichte, in der Genese von „God’s Own Country“ angelegt ist. Die Konsequenzen manifestieren sich augenblicklich in verschiedensten Ausprägungen, von denen die wenigsten erfreulich sein dürften. Die Zusammenarbeit des britischen Komponisten und Pianisten Mark Springer mit Neil Tennant von den Pet Shop Boys und dem Sacconi Quartet, einem Streichquartett, hat insofern damit zu tun, als dass sie sich auf dem Doppel-Album „Sleep Of Reason“ auf eine von Goyas vielleicht berühmteste und auch das Cover zierende Radierung, die Ende des 18. Jahrhunderts in seiner Sammlung „Los Caprichos“ veröffentlicht wurde, beziehen. Das Bild verdeutlicht, was aus dem Schlaf der Vernunft folgt. Tennant konstatiert in den Linernotes: „It often feels like we’re living in an era dominated by monsters with their grotesque egos hollering through socil media, unfiltered and untruthful, leaving a trail of wreckage behind them.“ Wie es zu dieser Zusammenarbeit kam, beschreibt Tennant in einer recht amüsanten Geschichte, die dem Zufall einen angemessen großen Platz einräumt (Springer hatte in den frühen 80ern bei Rip Rig + Panic gespielt und Tennant hatte während seiner Zeit als Smash Hits-Schreiber eine 7” eben dieser Band rezensiert).
„Sleep Of Reason“ ist ein aus drei Teilen bestehendes Album: Da sind einmal die ersten sechs Stücke, auf denen das Sacconi Quartet Tennants Gesang begleitet. Der getragene Opener „Phantoms and Monsters“ ist eine angemessene Einführung in das Thema/Album: „I fell into a / deep sleep of reason / Anything broken made sense / Violence / Ambition / Greed“. Zurecht meint Springer in einem Interview: „The first track represents the darker side of humanity.“ Auf dem darauf folgenden „A Witch and a Devil“ verkündet Tennant: „The greed for luxury / never ceases to astonish“ und auch das lapidar betitelte „Truth is for Losers“ knüpft daran an: „Truth is expensive / A lie is there for free“. Eher humorvoll ist das kurze „Schmutzig“. Das fast siebenminütige „My Friend the Monster“ und „The Madness of the Summer“, mit dramatischen Streicherpassagen, beenden diesen Teil des Albums. Tennant erinnert manchmal von der Art des Vortrag(en)s ein wenig an Marc Almond. Der Mittelteil besteht aus den drei Stücken „Morn“, „Noon“ und „Night“, auf denen lediglich das Streichquartet zu hören ist, und das musikalisch und von der erzeugten Stimmung klar an die ersten sechs Stücke anknüpft. Abgeschlossen wird das Album von den vier Klavierkompositionen „Break“, „Flight“, „Dark“ und „Moon“, die von einer größeren Leichtigkeit geprägt sind; Springer schreibt, es gebe eine “fractured unity between the piano music and the quartet and quintet.” (MG)
Label: Sub Rosa / Exit Label