Das inzwischen auf fünf Personen angewachsene italienische Projekt La Porta Ermetica hat seit einiger Zeit eine spezielle Art italienischer (Ritual-)Musik wieder zum Leben erweckt, reanimiert. Die tiefe Verwurzelung der meisten Beteiligten im italienischen Postindustrialuntergrund der frühen 80er ließ uns zu der etwas saloppen Formulierung greifen, es handele sich um eine „Supergroup der italienischen Underground-Szene“.
Im Interview mit uns meinte Claudedi: „Wir wollten zusammen spielen, wir wollten zu bestimmten Klängen zurückkehren, die wir viele Jahre nicht gehört hatten und die sowieso Teil unserer Vergangenheit waren.“ In unsereer Besprechung des beeindruckenden Debüts „Si Sedes Non Is“ konnte man lesen: „Auf insgesamt acht Stücken spielen die drei eine/ihre ganz eigene scheinbar aus der Zeit gefallene Musik.“
Jetzt erscheint nach dem Debüt und dem Tape „La Bugia“ das neue Vollzeitalbum auf dem deutschen Label Dunkelheit Produktionen, das inzwischen einen umfangreichen Katalog an ritueller, okkultureller Musik veröffentlicht hat und seit einigen Jahren das „Rituals Over Limburg“-Festival organisiert.
„Lux Oblutinata“ eröffnet das Album mit kreatürlichem, gequältem Schreien und Klagen, gehetztem Atmen, alles untermalt von einem Orgeldrone, nach einer Weile meint man dann, eine schemenhafte Gestalt versuche sich an Operngesang. „Codice Reginense Lat 1521“, wohl auf dieses Werk aus der vatikanischen Bibliothek verweisend, beginnt mit leisen an- und abschwellenden Sounds, dann weiblicher Gesang vom jüngsten Mitglied Elisa Pambianchi, sich wiederholende Klavierfiguren, verhallende pochende Schläge. Auf diesem Stück ist die Stimme klar im Zentrum des Klangbilds. Auf „Si Non Sedes Es“ meint man, eine körperlose Entität spiele eine sich wiederholende Melodie irgendwo im Nebel. „Non Datur Lupis“ erinnert mit seinem Knirschen und Eulenschreien (?) wie ein Gang durch einen nächtlichen Wald. Irgendjemand flüstert Evokationen. Das kurze „Lamia“ kombiniert im Hintergrund flächige melodische Sounds, leichtes Pulsieren mit einer Andeutung von Gesang. Die zwei folgenden Tracks sind Überarbeitungen von Stücken des “La Bugia”-Tapes: „La Bugia“ kombiniert weiblichen Gesang mit Perkussion, Beats und leicht dissonanten Elementen und erinnert entfernt an Ain Soph zu Zeiten von „Kshatriya“. Auf „Il Giardino Delle Esperidi (Horti Lamini)“ rasseln Ketten, man hört entferntes Dröhnen, Stimmen rezitieren Unverständliches. Das 11-minütige „Armadel“ lässt weiblichen Gesang, dezente metallische Perkussion und ein Saiteninstrument tönen. Schließlich der Abschluss „Melancholia“ mit Klavier von Maurizio Bianchi, traurigem Gesang, verfremdeten Stimmen .
Wenn die Band in unserem Interview davon spricht, es gehe „[n]icht [um] eine bloße Nachbildung dieser Klänge, sondern eine thematische und klangliche Neuinszenierung davon.“, dann ist es ihr auf diesem Album sicher (erneut) gelungen. Was bei der Musik von La Porta Ermetica auffällt, ist, dass sie auf billige Effekte, auf „jump scares“ verzichtet und stattdessen eine ganz eigene „hermetische“ Welt erzeugt. (MG)
Label: Dunkelheit Produktionen