I play the oud! I play music I love… Interview mit Eliot Bates

Eliot Bates ist ein weitgereister Mann, für den die Bezeichnung Musiker sicher nicht ausreicht. Denn neben der praktischen Arbeit an dem orientalischen Instrument seiner Wahl, der Oud – einer Kurzhalslaute, von der angenommen wird, sie sei der Vorgänger der seit dem Mittelalter in Europa gebrauchten Laute – ist er Experte für das musikalische Geschehen in Anatolien, befasst sich mit der technischen Seite des Aufnahmeprozesses traditioneller Musik, lehrt an verschiedenen Universitäten sowohl in den USA als auch in der Türkei und hat im renommierten Verlag Oxford University Press ein Buch über Musik in der Türkei veröffentlicht. Seit „Baalstorm, Sing Omega“ unterstützt Bates zudem CURRENT 93 live und im Studio. Dass er zusammen mit anderen die Seite dancecult.net betreibt, deren Schwerpunkt elektronische Tanzmusik ist, sollte nicht als Widerspruch sondern als Ergänzung begriffen werden, getreu Blakes Diktum „Without Contraries is no progression“.

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Viele unserer Leser werden die Instrumente, die du spielst, nicht kennen. Kannst du uns etwas Einführendes dazu sagen? Im neuesten Current 93-Booklet werden Oud, Bendir und Erbane erwähnt…

Die Oud ist eine elfsaitige bundlose Laute, die in großen Teilen der muslimischen Welt gespielt wird, von Marokko bis Malaysia, von der Türkei bis Kenia. Wir wissen, dass viersaitige Ouds im Baghdad des 6. Jahrhunderts gespielt wurden, aber das Instrument hat sich seitdem verändert. Auf den ersten Blick sieht eine Oud fast wie eine Gitarre aus, aber die Spielweise ist in verschiedener Hinsicht eine komplett andere: Im Modalsystem (Makam), im rhythmischen System (Usul), und überhaupt in allem anderen auch!

Bendir und Erbane sind beides Rahmentrommeln. Bendirs sind einfach hölzerne Reifen mit einer darüber gespannten Schafs- oder Ziegenhaut, während die Erbane, die in der östlichen Türkei und dem Iran beheimatet ist, zusätzlich hunderte kleiner Ringe hat, die an der Innenseite des Holzreifens befestigt sind. Rahmentrommeln zählen zu den ältesten Musiktechnologien der Welt – über zehntausend Jahre lang wurden sie in vielen Teilen der Erde gespielt.

Was kannst du uns über deine früheste Begegnung mit orientalischer Musik erzählen? Hattest du diese Instrumente in einer Musikschule kennen gelernt, oder bist du vielleicht schon früh im Nahen oder Mittleren Osten gewesen?

Ich bin im Süden Kaliforniens aufgewachsen, und da bekam ich kaum wirklich Musik „aus dem Osten“ zu hören. Aber ich hörte eine Menge an Klassischer Musik des 20. Jahrhunderts, Sachen von Bartok, Prokofiev und anderen Komponisten, die rhythmusbetonte Volkstänze integrierten und Melodien aus Osteuropa und Vorderasien adaptierten. Es war die Lieblingsmusik meiner Mutter; sie spielte sie auf dem Klavier und hatte außerdem diese wunderbaren Aufnahmen von Gyorgy Sandor, die sie auf einem alten Garrard-Plattenspieler laufen ließ. Ich spielte selbst ein bisschen Klavier, bevor ich nicht-europäische Instrumente für mich entdeckte.

In den frühen 90ern gab es in Kalifornien eine Menge Konzerte für Sitar- und andere klassische Musik aus Hindustan. Ich hatte vor, solche Musik zu lernen, aber es kam nie dazu. Stattdessen stolperte ich mehr oder weniger zufällig in ein neues College-Ensemble namens UC Santa Barbara Middle Eastern Ensemble. Der Direktor der Gruppe, Dr. Scott Marcus, überredete mich eine Oud in die Hand zu nehmen. Hier begann alles, und ehe ich mich versah, war ich schon kopfüber in die Welt arabischer und türkischer Musik eingetaucht. Ich ging 1993 in die Türkei, um die Oud bei dem bekannten Musiker Necati Çelik zu studieren, und befasste mich ausgiebig mit Ottomanischer Kunstmusik, Anatolischer Volksmusik, mit dem Makam Modalsystem und vielem mehr.

Auf deiner Webseite bezeichnest du dich als “ethnomusicologist, oud artist, audio engineer“. Haben die drei Interessengebiete für dich den gleichen Stellenwert? Siehst du einen großen Unterschied zwischen deinen akademischen Arbeiten und deinen Auftritten als Solokünstler und mit anderen Projekten?

Ich betreibe die Musikethnologie, das Oudspiel und die Tontechnik nun seit zwanzig Jahren, und in einer gewissen Weise beeinflussen sich die Bereiche untereinander. Andererseits sind sie aber auch sehr stark voneinander getrennt. Ich hatte schon immer zuhause an eigenen Aufnahmen herumgebastelt, aber nach einigen enttäuschenden Erfahrungen mit kalifornischen Aufnahmestudios kam ich zu der Schlussfolgerung, dass kalifornische Rock-Studioleute einfach keine Ahnung haben, wie man eine Oud oder orientalische Perkussionsinstrumente aufnimmt. Also musste ich es selbst versuchen. Als ich erst einmal mehr vom Aufnehmen verstand, begann ich, Dinge zu erforschen, die mein Oudspiel und meine und generell meinen kreativen Prozess bereichern konnten. Mein Interesse an Aufnahmen führten mich außerdem nach Istanbul, wo ich lang andauernden musikethnologischen Forschungen in verschiedenen Aufnahmestudios nachging. Ich schreibe gerade auch ein Buch darüber, das fast fertig ist. Ich hatte dort eine Menge Aufnahmen gemacht und war außerdem als Studiomusiker beschäftigt. Ohne diese praktische Erfahrung hätten mir für all meine akademischen Arbeiten vollkommen die Voraussetzungen gefehlt.

Andererseits aber habe ich zum Beispiel überhaupt kein Interesse, irgendwelche musikethnologischen Studien über die Oud anzufangen, ich will sie einfach spielen! Ich würde niemals wieder ein kommerzielles Aufnahmestudio betreiben wollen. Wenn ich Kaderci-Aufnahmen mache oder Kollaborationen mit anderen Musikern beginne, ist es für mich eine Art Forschung, aber nicht eine Forschung mit dem Hirn oder Geist, sondern eine Forschung mit dem Herzen.

Beschäftigst du dich eigentlich mit Musik aus dem gesamten Nahen und Mittleren Osten, oder sind es bestimmte türkische, arabische und persische Traditionen, die dich interessieren?

Ich höre mir eine Menge Musik aus all diesen Regionen an, aber mein Hauptfokus ist seit langem auf ein paar bestimmte Musikarten aus der Türkei gerichtet. Im 19. und 20. Jahrhundert gab es eine romantische Bewegung in der Ottomanischen Kunstmusik, und zahlreiche Komponisten schrieben fantastische Instrumentalwerke und Stücke für Gesang – ich denke an Dede Efendi, Tanburi Cemil Bey, Ismail Hakkı Bey und viele andere. Diese Musik funktioniert wunderbar auf der Oud. Es ist das Repertoire, das du lernst, wenn du auf einem türkischen Konservatorium studierst, und viele türkische CDs mit Oudmusik sind aus dieser romantischen Ära. Ich habe das ernsthaft studiert und spiele es noch immer.

In letzter Zeit bin ich mehr an ländlicher anatolischer Musik interessiert, vor allem an säkularen Liedkompositionen (Deyiş) der Aleviten, oder an den Bozlak-Songs aus dem zentralen Anatolien, die wirklich sehr schön sind und unglaublich „tief“. Durch meine Forschungen in Istanbul bin ich auch häufig mit der sogenannten “Arrangierten Volksmusik” in Berührung gekommen. Das Arrangieren ist in der Türkei eine angesehene kreative Praxis; Arrangeure haben Wege gefunden, Folksongs für alle Arten von Ensembles zu adaptieren – von Gruppen mit Folkinstrumentarium zu Jazz, Surfrock oder Metalbands, oder vielleicht am Interessantesten, Folkinstrumente, die ergänzend in Metal- und Rockmusik integriert werden. Ich höre mir all dieses Zeug an (und für ein paar Jahre hatte ich nichts anderes als Aufnahmen aus der Türkei gehört), aber wie sehr das meine eigene Musik beeinflusst, das variiert von überhaupt nicht bis viel.

Spielst du lieber ältere Songs, oder doch eher Eigenkompositionen auf der Basis traditioneller Spielweisen?

Es ist gut, unterschiedliche Interessen aufrecht zu erhalten – alte Songs spielen, neue Sachen komponieren, alte C93-Songs spielen, an neuen Stücken für C93 mitwirken. Ich arbeite eigentlich permanent an neuen Sachen, zum Beispiel die Kaderci Solosachen, Kollaborationen, und ich mache noch immer ab und an Klangskulpturen.

Westliche Hörer tun sich oft schwer, „klassische“ und „folkloristische“ Musik auseinander zu halten, wenn sie aus anderen Teilen der Welt kommt. Ist eine solche Unterscheidung sehr wichtig und trennscharf zu definieren? Bedeutet es dir etwas, als klassischer oder als Folkmusiker betrachtet zu werden?

Ein Teil dieser Trennung ist real und hat mit nichts anderem als mit dem Kontext zu tun, in dem die Musik früher aufgeführt wurde. Es gab spezielle Arten von Musik, die in den ottomanischen und safavidischen Höfen geschaffen und aufgeführt wurden. Dass wir die Vorstellung einer türkischen oder persischen „klassischen Musik“ geerbt haben, geht sehr stark auf diesen Hintergrund zurück. Allerdings wurde der Begriff „klassisch“ von Musikkritikern und Plattenlabels auch auf Musik angewandt, die gar nichts mit höfischer Kultur zu tun hatte. Populäre Leider aus dem Istanbul des 19. Jahrhunderts beispielsweise, die in keiner Form klassisch oder höfisch waren. Ebenso gibt es eine Standarddefinition „folkloristischer“ Musik, von der man dann annimmt, dass sie aus regionalen Dorftraditionen stammt, dass die Songs keinen „Autor“ haben und dass sich die Musik in den Dörfern nicht wesentlich verändert hat. Dieses Folkkonzept ist stark kritisiert worden, seit man weiß, dass viele regionale Musik sehr wohl spezifische Ursprünge und auch bekannte Verfasser hat. Und es sind auch vielerorts rapide Veränderungen in der Geschichte dörflicher Musik dokumentiert.

Ich bin sehr skeptisch, was die heutigen Unterscheidungen zwischen Klassik und Folklore angeht, sei es in der Türkei oder anderswo, denn sie verführen zu unkritischem Inklusions- oder Exklusionsverhalten bei der Frage, wie „legitim“ letztlich bestimmte Musik ist. Ein Beispiel: Aus welchem Grund wird Alivimusik aus Zentral- und Ostanatolien, die komponiert wurde, einen bekannten Verfasser hat, als ernste Musik rezipiert wird und in einer ebenso langen Aufführungstradition steht wie die ottomanische Hofmusik, nicht als Klassik beschrieben, sondern als Folklore? Alevimusik zählt zu den wenigen polyphonen Musikarten dieser Gegend und ist außerordentlich komplex. Warum ist das Folk und nicht klassisch, wenn gleichzeitig Trinklieder aus den Nachtclubs des 19. Jahrhunderts als Klassik, statt als Folk gelten? Es ist unsinnig!

Westliche Hörer tun sich aus verschiedenen Gründen sehr schwer, Musik aus solchen Ländern zu unterscheiden. Viele Leute entdecken die Musik der Türkei über “World Music” Sendungen oder entsprechende Plattenlabels, es gibt da eine lange Geschichte des Exotismus und Orientalismus, die unsere Wahrnehmung verdreht und jede Menge Missinformation verursacht hat. Aber das ist nicht nur im Westen so – in der Türkei selbst gibt es eine lange Geschichte der „Selbst-Orientalisierung“ und eine Tendenz zur Romantisierung ostanatolischer Musik durch Stadtbewohner, die keine Vorstellung von der regionalen Musik haben und von dem, was sie bedeutet.

Was mich betrifft, so spiele ich die Oud! Ich spiele einfach Musik, wie ich sie mag…

Ich habe Bilder von einer deiner Shows gesehen, die in einer Bar in Istanbul stattfand. Hast du schon oft an solchen Orten gespielt? Was kannst du uns über die Reaktionen der Besucher erzählen, die einen „westlichen“ Musiker „östliche“ Musik aufführen sehen?

Ich habe ein Repertoire von einigen 500-600 Stücken aus der Türkei und Ägypten, und ich habe über 1000 Auftritte gehabt, sowohl solo als auch in kleinen Gruppen. Als ich in Istanbul lebte und im Studio arbeitete, hatte ich in etwa zwei Auftritte pro Woche, eine Nacht in einer Meyhane (einem Restaurant, in dem auch Alkohol serviert wird), die andere Nacht in einer Bar. Es war eine großartige Erfahrung, und ich spiele wirklich gerne Folk oder überhaupt leichte Musik für ein türkisches Publikum, weil die Leute mit so viel Leidenschaft dabei sind, stundenlang tanzen oder weinen und mitsingen, wenn wir melancholische Songs spielen. Es ist total anders im Vergleich zu einem amerikanischen Publikum; die Leute hören still zu und zum Schluss klatschen sie höflich. Also zumindest was die Musik angeht, bevorzuge ich die türkische Art!

Was die Reaktionen angeht, ist es natürlich etwas Neues, wenn ein Amerikaner türkische Musik spielt, wir waren im Fernsehen, standen in den Zeitungen etc. Natürlich nutzt sich das auch irgendwann ab, und Leute, die regelmäßig zu unseren Shows in Istanbul kamen, fingen an, uns zu kommentieren und unsere Aufführung zu kritisieren und zu korrigieren. Mitten drin während der Show nahmen sie mein Textbuch und zeigten auf Stellen, die ihnen unrichtig vorkamen und schlugen andere Texte vor, und debattierten sogar untereinander, auf welche weise man einen Vers nun am besten korrigieren sollte. Ich liebte das – es war eine erstaunliche Lernerfahrung. Ein paar Fans stellten uns Compilation-CDs zusammen mit allen bekannten Aufnahmen eines bestimmten Songs, den wir gespielt hatten, so dass wir die „korrekten“ Aufnahmen besser „kopieren“ konnten. Leute begriffen, dass wir die Musik wirklich liebten und respektierten, und so hatten sie auch einen gewissen Respekt für uns. Das ist, wie wir das ganze erfahren haben, und auch was wir überhört haben, aber ihr müsst Savaş, Ergül, Cevdet, Mehmet, Tülay, Mustafa und viele andere fragen, die regelmäßig zu unseren Shows kamen, die würden euch vielleicht etwas ganz anderes erzählen…

Der Orient wird in den letzten Jahren immer wieder mit Gewalt und Instabilität assoziiert. Du hast an einem Gespräch zum Thema “Music of Conflict and Reconciliation: The War in Iraq/Post-9/11 World“ teilgenommen. Was kannst du uns über deine Erfahrungen dort erzählen?

Das Verstörendste, das auf diesem Symposium zur Sprache kam, war das Ausmaß, in dem Musik als ein Mittel des Krieges und der Folter benutzt worden ist, in erster Linie durch das US-Militär in beiden Irakkriegen.

Betrachtest du deine Musik (auch) als einen Versuch, Orient und Okzident wieder zusammen zu führen?

Überhaupt nicht! Wenn überhaupt, dann ist mein Oudspiel der Versuch, meine linke und meine rechte Hand wieder zusammen zu führen. Meine Kompositionen sind der Versuch, meine Vorhöfe und meine Hirnventrikel zusammen zu führen, und meine Aufnahmen versöhnen meine linke und meine rechte Hirnhälfte… Aber du fragtest nach Orient/Okzident, und ich für meinen Teil würde die Dinge nicht auf diese Weise trennen. Ich denke, es ist so: Istanbul ist eine kosmopolitische und moderne europäische Großstadt; Sie hat ihre Marotten, aber die haben auch Rom, Paris, Berlin, London, etc. Istanbul war immer zu einem bestimmten Grad mit dem Rest Europas verbunden, und als ich dort lebte, kam es mir niemals so vor, als lebte ich in einer radikal anderen Welt. Ich meine, auf jeden Fall gibt es Unterschiede – die Sprache ist sehr andere´s und ziemlich schwer zu lernen – aber nordgermanische Sprachen und mediterrane romanische Sprachen sind ähnlich unterschiedlich.

In einige deiner Aufnahmen sind Jazz und Breakbeat-Elemente integriert. Ist das einfach eine Zusammenführung unterschiedlicher Dinge, die dich interessieren, oder gibt es da ein bewusstes „Crossover“-Konzept, dass diesen Aufnahmen zugrunde liegt? Wenn du Computer benutzt um Loops zu erzeugen, hast du dann das Gefühl, dass sich traditionelle Instrumente und moderne Technologien in einer fruchtbaren Weise ergänzen können?

Ich höre in meinem Kopf Songs, Texturen, Timbres und Orchestrierungen. Habe ich schon immer. Es ist eine Sache dazu in der Lage zu sein, das zu nehmen, was in meinem Kopf ist und das in tatsächlichen Klang umzuwandeln. Nichts entsteht aus einen vorher festgelegten Konzept. – Ich habe das ausprobiert und das klingt nie gut. Ich habe also diese abstrakten klanglichen Ideen, Gefühle und ich versuche Resonanzen zu finden – etwas, das ich auf der Oud oder mit Perkussion spielen kann, auf meinen analogen Synthesizern, Feldaufnahmen von Wüstenlandschaften oder Baustellen, oder digitale Signalbearbeitung, die ich auf etwas aus meinem Archiv von Aufnahmen, die ich in der Vergangenheit gemacht habe, anwende. Manchmal entsteht eine Solooudaufnahme, manchmal ist es eine harsche Industrialtextur, manchmal etwas anderes.

Eine Frage ist mehr oder weniger obligatorisch: Wie kam der Kontakt zu David Tibet und Current 93 zustande, wer hat wen zuerst entdeckt? Kannst du unseren Leser ein bisschen über euer erstes Treffen erzählen?

Ich mochte Current und viele andere frühere World Serpent/Rough Trade-Künstler schon seit den späten Achtzigern. David und ich „trafen“ uns auf Myspace. David hatte sich eine ganze Menge koptischer Oud-Musik aus Ägypten angehört, ich mochte sowieso Current, und nach ein paar Nachrichten erwähnte ich, dass ich sehr gerne etwas auf der Oud zu Current oder anderen Projekten beisteuern würde. Eine Stunde später hatte David mir zwanzig mp3s mit Orgel- und Pianoparts von Baby Dee zugeschickt!

David Tibet und seine Musik ist recht populär in verschiedenen Underground-Szenen, auch wenn er sich selbst nicht als Teil dessen betrachten mag. Wie sehr kannst du dich mit subkulturellen Phänomenen identifizieren? Hattest du früher auch eine Punkrock-Phase oder etwas vergleichbares?

Ich habe in ein paar Industrial-Bands gespielt, das war in Kalifornien irgendwann in den 90ern. Bands aus der Kategorie „ziemlich verzerrt, mit gefundenen Objekten, mit Schreigesang“. Musik, die mich interessiert, muss immer auf irgendeine Art intensiv sein, wenngleich intensive akustische Folkmusik offensichtlich andere Techniken erfordert als intensiver Noise. Eine Sache, die ich an Current so schätze, ist, wie sehr sie ihren Stil über die Jahre verändert haben, ohne dabei ihre grundsätzliche Intensität aufzugeben. Natürlich hat das einfach sehr viel mit David zu tun, der ein erstklassiger Lyriker, Performer und Visionär ist und solche interessante Kollaborateure anzieht.

Was ist für dich innerhalb eines Bandkontextes am gewinnbringenden?

Na ja, ich trete nicht so gerne solo auf. Ich bin zum Oudspielen und -aufnehmen auf eine sehr gesellschaftliche Weise gekommen und halte die Zusammenarbeit mit anderen am gewinnbringensten. Musik ist eine Art der Kommunikation. Es ist keine Sprache, aber es ist Kommunikation und es gibt einfach nichts auf der ganzen Welt, was dem gleichkommt, als wenn gute Musiker zusammen kommen und miteinander interagieren, kommunizieren. Für das Publikum ist das auch wirklich erfüllend. Es füllt eine Leere, die nichts anderes füllen kann und ich denke, deswegen gibt es in diesem „digitalen“ Zeitalter solch ein florierendes Geschäft für Livebands. Wie zum Beispiel CURRENT.

Was kannst du uns über deine Erfahrungen während CURRENT 93s „gentlemen-tour“ (wie Andrew Liles es ausgedrückt hat) berichten?

Haha, die “Gentlemen’s Tour”! Es lief richtig gut, das Publikum war großartig, und doch an jedem Ort etwas anders. Wir haben überwiegend neues Material von den letzten Alben gespielt (Honeysuckle Aeons, Baalstorm) und natürlich von Aleph und Black Ships, ich denke, es ist ein wirklich kraftvolles und dynamisches Set draus geworden. Die Veranstalter in Athen (John und Anna von CTS Productions, Schlüsselfiguren der lokalen Black Metal Szene) haben großartige Arbeit gemacht, um die Leute zu erreichen. Auch spielten wir die erste Current-Show in Dänemark, die so gut lief, dass wir sogar über eine zukünftige Skandinavien-Tour nachdenken. Das wäre dann „der Sohn der Gentlemen’s Tour“..

Vielen Dank für das Interview.

Ich habe zu danken!

(M.G./U.S.)

Fotos: Ladi Dell’aira & David Bauwens

eliotbates.com