SKIN AREA: Rothko Field

Die Wiener Aktionisten und insbesondere Rudolf Schwarzkogler haben einen nicht unerheblichen Einfluss auf verschiedenste Industrialgenerationen gehabt. So (re)produzierte Steven Stapleton (ob intendiert oder nicht) den Mythos von Schwarzkoglers vermeintlicher Autokastration. Die Performances von COUM Transmissions wären ohne die Vorarbeit der Wiener Gruppe undenkbar gewesen. Dass oftmals der Bezug bei weniger inspirierten Künstlern ein nur oberflächlicher zu sein scheint, der eher schmückendes Beiwerk denn ernsthafte Auseinandersetzung ist, daran kranken weite Teile der Subkultur. Weiterlesen

DALE COOPER QUARTET & THE DICTAPHONES: Métamanoir

Nach der immensen Aufmerksamkeit, die dem dunklen Sound des Kilimanjaro Darkjazz Ensembles und seinem Pendant im Zeichen des Mount Fuji zuteil wurde, hätte man fast vergessen können, dass es noch ein weiteres, wenn auch kleineres Gebirgsmassiv gibt, das zumindest indirekt als Namensgeber eines bizarren Zeitlupengroove fungiert: Gemeint sind die fiktiven Twin Peaks aus der gleichnamigen Serie von David Lynch. Vor ihrer Kulisse versuchte ein FBI-Agent namens Dale Cooper einen myteriösen Mord aufzuklären. Weiterlesen

SOAP&SKIN: Narrow

Soap&Skin polarisiert. Die einen stecken ihre Songs gar zu schnell in die Ecke für sensible und leicht überdrehte Mädchenmusik – eine Drama Queen, die sich psychisch entblößt und der neurotischen Jugend von heute ihr Identitätsfutter gibt. Andere setzen auf hohen Stil und fahren schwere Geschütze klassischer Bildung auf, holen die Gedichte Trakls aus der Kiste und bemühen das romantische Kunstlied, um sich einen Reim auf die Anziehungskraft zu machen, die ihr Debüt „Lovetune for Vacuum“ vor ein paar Jahren ausstrahlte. Natürlich nicht ganz zu unrecht. Anja Plaschg, die Person hinter dem Namen, sieht sich als Popmusikerin, und ihr Unbeeindrucktsein gegenüber all den klugen Fachsimpeleien Weiterlesen

ELECTRIC SEWER AGE: In Final Phase

In meiner Rezension zu „The Ape of Naples“, die gleichzeitig (auch) eine Art Nachruf auf Jhonn Balance war, schrieb ich, dass Trauer oftmals etwas Egoistisches ist, man darüber betrübt sei, nicht mehr in den Genuss weiterer künstlerischer Werke der Verstorbenen zu kommen. Dabei wurde das 2005 bekannt gegebene Ende Coils durch die postumen Veröffentlichungen verzögert. Nach Sleazys Ableben hat das alles nun eine endgültige, eine finale Note und man sucht verzweifelt nach noch ungehörten und unerhörten Stücken. Weiterlesen

SUNN O))) MEETS NURSE WITH WOUND: The Iron Soul of Nothing

Stephen O’Malley und Greg Anderson, denen man nachsagt, ein recht gegensätzliches Duo zu sein, sind mit ihrem Projekt Sunn O))) nicht vom Himmel gefallen. Sie stehen in diversen Musiktraditionen, und innovativ waren sie vor allem als Missing Link, der Bereiche zusammenführt, die sich mehrfach sehr nah kamen und sich doch niemals völlig berührten. Bewegten sich Drone- und Minimalmusik in der Nachfolge von Young oder Palestine entgegen mancher Behauptungen nie vollends aus dem sogenannten E-Bereich heraus, hat sich (Doom-)Metal der Abstraktion und der völligen Auflösung Weiterlesen

VIVIAN VOID: Div.

Ob Vivian Void ihren Bandnamen von den Vivian Girls aus Henry Dargers Buch „In the Realms of the Unreal“ entlehnt haben, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen – ich vermute sogar, dass dem nicht so ist. Die enorme Graphic Novel aus der Feder eines lichtscheuen Dienstboten, die auf rund fünfzehntausend Seiten den Kampf von sieben jugendlichen Amazonen gegen ein kinderversklavendes Terrorregime erzählt, eignet sich allerdings zu gut als Aufhänger, um den Querverweis einfach unter den Tisch fallen zu lassen. Zu siebt sind Vivian Void ja schließlich auch. Weiterlesen

TORTURING NURSE VS. GOVERNMENT ALPHA: Split

Auf dieser lakonisch „Split“ genannten Doppel-CD treffen zwei gestandene Größen fernöstlicher Lärmkunst aufeinander. Der japanische Harshnoiser Yasutoshi Yoshida alias Government Alpha wurde hier bereits mehrfach vorgestellt, Torturing Nurse ist eine vierköpfige Band aus Shanghai und sicher die bekannteste Noisekapelle der Volksrepublik China. Bekannt sind sie unter anderem für wütende Liveshows, die an Hijokaidan denken lassen, für ätzendes Gitarrenfeedback und eine visuelle Gestaltung, die gern mit Motiven spielt, die in weniger abgeklärten Zeiten als provokativ galten. Weiterlesen

DEMDIKE STARE: Elemental (Parts 1 & 2)

In den letzten Jahren ist vermehrt deutlich geworden, dass Hybride oftmals origeneller sind als die, die sich sklavisch an mosaische Reinheitsgebote innerhalb engster Gattungs- und Genregrenzen halten. Das nordenglische Duo Demdike Stare ist schon allein aufgrund der Herkunft der beiden Beteiligten ein Vertreter ersterer Gruppe: Miles Whittaker kommt vom Techno (er ist u.a. ein Teil von den ebenfalls auf Modern Love veröffentlichenden Pendle Coven), Sean Canty – der bei dem archivarischen Label Finders Keepers angestellt ist und einmal als einer der bekanntesten Plattensammler Manchesters apostrophiert wurde – vom Hip Hop. Weiterlesen

SEWER GODDESS: Disciples Of Shit: Live Waste

Wie stellt man jemandem Sewer Goddess vor, nachdem man das Projekt in den ersten Jahren seines Bestehens sträflich vernachlässigt hat? Man könnte sich in der Erörterung von Genrezugehörigkeiten ergehen, von Power Electronics, Death Industrial und dezenten Black Metal-Einflüssen sprechen – Aspekten die omnipräsent sind in der Musik, im Auftreten und im visuellen Erscheinungsbild der Band, die man so gerne mit Frontfrau Kristen Rose gleichsetzt, zu der aber auch noch Josh Langberg gehört. Natürlich könnte man auch einmal mehr die Tatsache, wie wenige kreative Musikerinnen doch die Männerdomäne harter elektronischer Musik bevölkern, aus der Mottenkiste holen. Weiterlesen

200 YEARS: s/t

Ob 200 Years als ein langfristiges oder eher als einmaliges Projekt gedacht ist, steht wohl noch in den Sternen. Ben Chasny hat sich nie nur auf seine Band Six Organs of Admittance konzentriert, sondern mit Gruppen wie Comets on Fire und August Born stets interessante Nebenschauplätze gepflegt. Dazu kamen Gastspiele u.a. bei Hush Arbors oder Current 93, bei denen er mit seinem Gitarrenspiel die eine oder andere Spur hinterließ. Mit der Sängerin Elisa Ambrogio von den Magik Markers arbeitete er bereits auf einem Six Organs-Album zusammen. Mit 200 Years wurde jüngst das gemeinsame Projekt der beiden aus der Taufe gehoben. Weiterlesen