SAWAKO: Nu.it

Welche Eigenschaften muss eine Musik haben, um „nächtlich“ zu klingen? Lässt man seinen Assoziationen freien Lauf, wird schnell klar, welch Fass ohne Boden die Nacht ist und wie reichhaltig die Musikgeschichte ist an Nokturnen, kleinen Nachtmusiken und weiteren Versuchen, die dunkle Seite des Tages zu erfassen. Ein Medium par excellence ist sicher Ambient. Gleitend, oft dunkel und geheimnisvoll, meist frei von lauter Geschäftigkeit scheint diese Musik wie geschaffen für die Ausfüllung dunkler Orte. Dass das nicht immer auf Düsterklischees hinauslaufen muss, belegt jüngst die profilierte Multimediakünstlerin Sawako.

Der Kontinent, den man auf dem Album als Nacht entdecken kann, ist vor allem ein unbekanntes Terrain voller Überraschungen, das man beim Hören in Echtzeit erkundet. Das Wortspiel des Titels, der eben (als fiktive URL) auch auf „new“ anspielt, mag dem beipflichten. Die Stimmung ist den Unbestimmtheiten und Fremdheiten ensprechend spannungsgeladen, und doch ist all dies in einen sanften, molligen Rahmen gepackt. Der offenbart sich gleich zu Beginn als ultralangsamer Smoth Jazz, der den Hörer in wenigen Minuten in einen angenehmen Einschlafmodus wiegt. Doch die warmweichen Klangwolken erweisen sich mit der Zeit als durchlässig und lassen kleinteiliges Knistern und Rumoren einsickern. Schon dabei wird klar, dass es in diesem Nachtreich nicht so berechenbar zugeht, wie einem die unprätentiöse Gestaltung der Klangfolgen zunächst suggerieren mag.

In diesem Sinne oszilliert das Album von Abschnitt zu Abschnitt zwischen einlullenden und leicht erregten Stimmungssequenzen, wobei die Parts, in denen sich beides überlappt, die interessantesten sind. Stimmfetzen, halb geflüstert und zunächst anheimelnd, kippen nur leicht in eine panische Erregtheit, sanfte Pianoparts entpuppen sich von der angedeuteten Melodie her als Spannungsmacher und geleiten die Hörer durch gefahrvolles Terrain. Wirklich erträumt wäre es vielleicht ein noch intensiveres Erlebnis, aus dem man nach dem finalen Abdrift, begleitet von dumpfmolligem Pulsieren, beruhigt aufwachen könnte.

Eine Wirklichkeit ist das hier inszenierte natürlich trotzdem, aber eine, die ihre ganz eigene Logik nur schemenhaft offenbart. Das nachzuzeichnen, ist Sawako durchweg gelungen.

Label: Baskaru