Wenn wir in der letzten Zeit eines vernachlässigt haben, dann die Fraktion der stylischen Kids, die Studios, Clubs und Dachterrassen an Orten wie Brooklyn unsicher machen. Das schließt gelegentliche Ausflüge nicht aus, und der ins Reich von Azar Swan, bei denen Drew McDowall bereits mitmischte und die Hinz und Kunz mit These New Puritans vergleicht, lohnt durchaus – zumal die Band gerade in Europa und somit auch Deutschland unterwegs ist und an ausgewählten Orten bald im Doppelpack mit Spiritual Front zu sehen sein wird. Ihr Debüt ist bereits ein Jahr alt und mittlerweile auch als Remixalbum erhältlich, wir halten uns dennoch ans Original.
Das New Yorker Duo ist aus einem Quartett namens Religious To Damn hervorgegangen – einer Kapelle, die vor einigen Jahren durch den Hype um die sogenannte New Wave of Dark Wave anland gespült wurde. Sie spielten streicherlastigen Düsterrock mit gelegentlichen Abstechern ins (Anti-)Folkige, wirkten immer etwas ironisch (außer dann, wenn man es erwartete) und ihre Sängerin ging als Ghetto Goth Goddess in die Gazetten ein. Auf die Größe von Azar Swan schrumpfte die Band angeblich wegen der besseren Organisation, und so sind nur noch die GGG Zohra Atash und Producer Josh Strawn mit von der Partie.
Der Pop von Azar Swan ist retro und respektlos, bedient sich im Warenhaus der Popgeschichte und konsumiert am liebsten im Waveregal der frühen und mittleren 80er, kombiniert filigrane Synthies mit brachialer Metallperkussion und einer recht wandlungsfähigen Stimme, die mit etwas Fantasie die jungen Jahre von Debbie Harry und Kate Bush aufleben lässt. All dies geschieht keineswegs heimlich – weil schon T.S. Eliott wusste, dass in neuen Schläuchen viel alter Wein ist, und Stilentwicklung auch anders gar nicht denkbar wäre – aber sie winken dabei auch nicht gleich mit jedem Zaunpfahl, lassen ihren Reminiszenzen auch die Chance, wie zufällig zu wirken. Sicher scheiden sich die Geister an der Frage, was Azar Swan eher ausmacht, Zorahs Gesang, der manchmal ein Großteil der Bühne eingeräumt wird, wenn bspw. in „We Hunger“ der Sound auf ein Beatskelett ausgedünnt wird, oder doch die knapp getrimmten melodischen Synthies, die wehmütiger, aber zum Teil auch quirliger daherkommen als das meiste vom Vorgängerprojekt.
Überhaupt sind Melodien die große Stärke der Band. Mag „For Last and Forever“ auch Lärm enthalten, aus dem man Designernoise hätte zimmern können, der Musikprofessor, der jüngst in der Zeit das Rezept für guten Pop offenbarte (allerdings alle Neuerungen der letzten drei Jahrzehnte unterhalb der massenmedialen Wahrnehmungsgrenze verschlafen hat), würde die Bridges und Refrains hier sicher ebenso mögen wie die von Lena Meyer-Landruth. (A. Kaudaht)
Label: Zoo Music