Die italienischen Musikszenen unterhalb der Wahrnehmungsgrenze langweiler Strebermagazine sind wie vieles in diesem Land einer starken Trennung zwischen den nördlichen und den südlichen Regionen unterworfen. Während zwischen Mailand und Bologna, zwischen Turin und Venedig eine solide Infrastruktur an Vertriebs- und Auftrittsmöglichkeiten plus gute internationale Vernetzung Standard ist, pflegt die südliche Hälfte nicht selten eine charmante Selbstorganisation, die oft ebenso hobbyistisch wie regional orientiert ist. Genau genommen trifft dies sogar schon auf Rom zu, wobei die Größe und Faszination der Stadt natürlich einiges kompensieren. Dankenswerterweise gibt es einige rührige Personen, die aus ldealismus ein paar Perlen fischen und in unseren Breiten etwas bekannter machen. Einer dieser Idealisten betreibt das von Berlin aus operierende Metzger Therapie-Label.
Metzger Therapie scheint (ganz passend zum Namen) ein Faible für nach Tieren benannten Bands zu haben, denn nach Bogong in Action steht nun die neue LP von Grizzly Imploded in den Regalen. Hinter dem Namen versteckt dich das in Neapel nicht unbekannte Trio Francesco Gregoretti (Drums), Maurizio Argenziano (Gitarre) und Sergio Albano, der außer der zweiten Gitarre auch für alle stimmlichen Äußerungen zuständig ist.
Es ist nicht leicht, Musik mit Noiseelementen zu machen, die zugleich etwas Introvertiertes hat und ihre ganze Ausdrucksstärke über dezente Andeutungen kanalisiert. Was in den meisten Fällen bemüht wirkt, klingt bei Grizzly Imploded allerdings durchweg überzeugend. Von der Grundausrichtung her bewegt sich die Musik des Trios in dem Grenzland, wo sich freie (jazzig angehauchte) Improvisationsmusik mit leicht krautigem Noiserock überlappt, und eines der Markenzeichen der Band ist die unberechenbare, immer leicht zerfledderte Rhythmussektion, die das Tempo meist sehr spontan reguliert, doch auch in den Passagen, in denen sich das Tempo eher kontinuierlich steigert, etwas Wildes, Entgrenztes beihehält, das mehr ist als bloßes Scheppern mit Methode.
Dass die Musik trotz allem herrlich unanstrengend ist, dankt sich nicht nur dem rauen, aber warmen Sound und der (trotz Verzicht auf eine Bassgitarre) eher tief-urigen Ausrichtung, sondern ebenso dem Fehlen von plakativen Effekten. Die funky Motive auf der Gitarre sind eher kurz angebunden und auf subkutane Wirkung hin ausgerichtet, ebenso die abrupten Brüche von beinahe so etwas wie Stille zu noisigen Eruptionen, die von jazzigen Hihats aufgefangen und abgefedert werden. Anspiletipps: „Full of Flames”, dass als einziges Vokalstück mit seinem Grummeln und dem asiatisch anmutenden Fingerpicking aus der Reihe fällt, sowie „Livid Shadows”, das die schrillsten und zugleich kernigsten Momente bereithält. (U.S.)
Label: Metzger Therapie