Man könnte glauben, man habe sich in einem merkwürdig postindustriellen Giallo verlaufen: Hektische Schläge auf Metall, die mysteriös im Hintergrund bleiben und in ihrem zittrigen Tremolo verstörend wirken, genauso wie ein immer wieder übertöntes Brüllen, dazu dröhnende Bässe und schwer greifbares Bohren und Schleifen. Es ist genau dieses Ungreifbare, dass sich durch die gesamte Szenerie zieht, die Unbestimmbarkeit von Ort und Ereignis, die das Narrativ, in das man so plötzlich hineingeworfen wird, spannend machen und Gefahr in Aussicht stellen. Bei einem Album, dass Orte und deren Veränderungen zum zentralen Thema hat, ist dies eine zwiespältige und zugleich reizvolle Voraussetzung.
Die im Barcelonaer Umfeld von Huan und Qa’a gewachsene Formation Ordre Etern spielen eine Musik, die man heute Post Industrial nennen würde, wenn der zweite Teil des Kompositums eine etwas buchstäblichere Relevanz hätte und frühe Neubauten oder Kollektive wie Test Dept. und Officine Schwartz stärker traditionsbildend gewesen wären.
Wirft man einen Blick auf die zum Teil recht umfangreichen Texte der sieben Songs, erkennt man schnell den dystopischen Grundzug des ganzen Albums: die wirtschaftlichen und moralischen Verwerfungen der Gegenwart, die alltäglichen Gefühle von Ausgeliefertheit und Leere, die einem in großen Städten (und ganz sicher nicht nur da) schnell zusetzen können, auch an einem Ort wie Barcelona, auf den man hierzulande gerne anderes projiziert, an dem sich die typischen Veränderungen (Stichwort Gentrifizierung) aber ebenso vollziehen wie überall in der Welt.
Dies in einem „dystopic postindustrial nightmare“ zu inszenieren, dass der Resignation und dem zornigen Mut zum Widerstand gleichermaßen Rechnung trägt, gelingt Yarei Molina und Víctor Hurtado mit ratternder Perkussion, dröhnenden Saiten und alten analogen Synthies. Viele der Tracks haben einen rituellen Charakter, eines der Highlights ist das stakkatohafte „Metropolis“, das von einem rauen Klang ebenso lebt wie von seinen punkig dahergeschmetterten Parolen. Man fühlt sich wie auf einem nie endenden Plateau, bis es zur Explosion kommt und alles im Mahlstrom chaotischer Klänge verschwindet.
Auch „Natura“ klingt („naturgemäß“, möchte man fast sagen) sehr organisch nach gezupften Saiten im downtempo, doch die wie aus dem tiefsten Höllengrund herausgepressten Schmerzensschreie lassen keinen Zweifel dran, dass die Natur (des Menschen) im urbanen Strudel so einige verdrehte Blüten treibt.
Doch dies sind Beispiele für die noch relativ kompakten und aufgeräumteren Songs. Andere wie das noisige „Desic“ und das fast harschnoisig trotzige „Defensa“ würden auch zu einem Namen wie Chaos Etern passen. Doch letztlich spricht durch all dies auch ein spiritueller Grundtenor, ein Bewusstsein für das Gleichgewicht der Energien und der Gefahren, die zwangsläufig auftreten, wenn dieses durch die Unvermeidbarkeit kultureller Sackgassen durcheinander gerät. Letztlich ist es die besagte Zwiespältigkeit, die man im Fazit festhalten muss, denn „Revolució Soterrada“ lässt in seiner textlichen und stimmungsmäßigen Schwere kein gutes Haar an den bestehenden Verhältnissen (post)moderner Urbanität und zeigt doch all das subversive Potential zum notwendigen Widerstand auf, dass sich an ihren Rändern verbirgt. (U.S.)
Label: Magia Roja