Auch wenn man nicht unbedingt die Swans oder Sunn O))) bemühen muss – alle sind sich mehr oder weniger einig, dass Wovenhand mittlerweile meilenweit entfernt sind von der folkigen Besinnlichkeit, die einst Alben wie „Consider the Birds“ und „Mosaic“ auszeichnete, und wenn man einmal nicht so sehr die Kritiken verfolgt, sondern den Fans zuhört, wird deutlich, dass David Eugene Edwards’ Hinwendung zu einem rauen, schroffen und spröden Rocksound recht zwiespältig angenommen wird: Viele scheinen das vergleichsweise Leichte, Poetische und Ornamentale, das die inhaltliche Schwere auf den Akustikalben so schön konterkarierte und zugleich exponierte, zu vermissen, sind aber von der kompromisslosen Radikalität der neuen Aufnahmen dann doch so überzeugt, dass sie sie – gewissermaßen trotzdem – lieben.
„Star Treatment“ führt die Entwicklung seit „The Laughing Stalk“ und „Refractory Obdurate“ konsequent fort: Einmal mehr entfaltet sich Edwards’ charismatischer und diesmal noch etwas stärker in den Hintergrund gemischter Gesang zwischen Stammeln und furioser Klange aus über einem Fundament aus fuzzigen Gitarren, rauschenden Becken und rumpelig hämmernder Drums – ein Fundament, das immer wieder die Form(losigkeit) eines noisig verrauschten Soundgemischs annimmt, das ich nur deshalb nicht Brei nenne, weil es staubtrocken klingt.
So dunkel wie brachial eröffnet „Come Brave“ das Album wie ein Bulldozer und hat die Wucht einer Evokation, die den Hörer in Sekunden in die Stimmung des Albums wirft, denn nach diesem Auftakt ist man zumindest etwas gefasster auf die atemlose Erschöpftheit, mit der Edwards seine fatalistischen Worte in „The Hired Hand“ spricht, bevor er zur exaltierten Klage übergeht; auf die Heftigkeit des treibenden „Five by Five“, auf die monotone Schicksalsschwere in „Swaying Reed“ und „The Quiver“, das zu Beginn noch fast wie ein Moment des Aufatmens anmuten will. Dann ist man ganz überrascht, wenn im nicht minder rauen „Crystal Palace“ mit wenigen Tönen eine berührende Melodie gezaubert wird, die man beinahe überhören könnte. Ein Höhepunkt an echter Emotionalität ist das etwas getragenere „Golden Blossom“, das auch als Single ausgekoppelt wurde – nicht nur wegen Edwards Gesang, der etwas verhaltener noch eindringlicher wirkt, sondern auch wegen der hingebungsvollen Verse, die Ausdruck einer religiösen ebenso wie einer zwischenmenschlichen Liebe sein können.
Wovenhand nähern sich immer mehr einem ornamentfreien Noiserock an, und von Country, Bluegrass und Folklore ist nur noch wenig vorhanden. Hätte ich mir bei Current 93 vor knapp zehn Jahren eine etwas längere Hinwendung zu fuzzigen Gitarren gewünscht, so trauere ich bei Wovenhand dem Americana-Sound mit Pascal Humbert schon etwas hinterher. Aber das spricht nicht gegen „Star Treatment“, das ein durchweg intensives Album geworden ist.
Label: Glitterhouse