Gut drei Jahre nach „Ebb and Flow“ lassen die beiden Multiinstrumentalisten Simon Balestrazzi und Monica Serra zum fünften Mal von sich hören und erzählen mit allerhand schrägen Ideen im Gepäck die Geschichte einer Gruppe von unheimlichen kleinen Spatzen – das klingt auf den ersten Blick vielleicht nach Ironie und Spielerei, v.a. wenn man von dem hierzulande üblichen Image dieser nicht gerade gruseligen Vogelart ausgeht. Doch „The Uncanny Little Sparrows“ lädt nicht gerade zu letztgültigen Interpretationen seines Inhalts ein, und das ist auch gut so.
Bei dem langsam an- und abschwellenden Drone, das an elektrisch aufgeladene Harmoniumklänge erinnert, den trunkenen Echolalien undeutbarer Stimmen, dem Rasseln und Scheppern und den seltsamen Bläserklängen des eröffnenden „Bird Mother“ zeigt sich schnell, dass die beiden sich in grundlegender Hinsicht treu geblieben sind, denn ihre „Freeform-Musik“, die ebenso von dröhnender Elektronik wie von folkigen Spuren durchdrungen ist, bewegt sich in den bekannten Bahnen, die quer durch moderne und primordiale Gefilde führen. In diesem Rahmen kommt es aber zu einigen Verschiebungen, denn auf den neuen Stücken scheint die Musik noch um einiges unregelmäßiger und unruhiger als auf den Aufnahmen zuvor. Kratzige Spielereien, eventuell erzeugt mit dem von Massimo Olla entworfenen [d]Ronin, allerhand Gereusel und geheimnissvolle Perkussion rufen Balestrazzis Projekte Hidden Reverse und A Sphere of Simple Green in Erinnerung, bei der Mischung aus untergründigem Brummen und falsettigen Hochtönereien denkt man vielleicht an so unterschiedliche Musiker wie Ka Baird oder die viel zu wenig beachteten Mailänder Sothiak – Vergleiche, mit denen nur eine vage Richtung angedeutet sein soll.
Deutlich erkennbare Vogelstimmen treten erstmals in dem kurzen, in einem seltsam schleppenden Rhythmus hinkenden „Mating Call“ auf den Plan, wo sie sich sanft und verhuscht in mysteriöse Rückwärtspassagen einweben. In dem folgenden Track, der von „zwei kleinen Spatzen, die auf einem Zweig sitzen und auf die Erleuchtung warten,“ kündet, erinnern sie eher an übermütige Spechte. Weiter geht es durch noisige Gefilde, in denen man nicht mit dem Klang orientalischer Flöten gerechnet hätte, hin zu einer Urwald-Kulisse, in der ekstatische Perkussion und tremolierende Stimmen wie das Echo eines schamanischen Rituals wirken. „The One with the Iron Beak“ ist das letzte Stück betitelt, und wieder beschleicht einen der Verdacht, dass all die tiefschürfenden rituellen Elemente, die ebenso wie rhythmische und melodische Pop-Ansätze um jede zweite Ecke lugen, zwar auch, aber nicht nur mit erhabenem Ernst eingebracht werden.
Das Album erschien jüngst bei Boring Machines als LP mit achtseitigem Booklet und ist darüber hinaus natürlich in den üblichen digitalen Formaten zu ergattern. (U.S.)
Label: Boring Machines