Die Welle an Kologomusik aus Ghana reißt nicht ab. Ayuune Sule spielt seit ein paar Jahren in der Band des hier bereits mehrfach vorgestellten King Ayisoba. Als er 2013 in dieser Konstellation erstmals in Europa auftrat, eröffnete er die Shows mit einem kleinen Soloset und drückte Arnold de Boer von The Ex, der auch ein Label betreibt, sein Demo in die Hand. So nahm alles seinen Lauf, und zwei Jahre später erschien eine Single mit zwei Songs, beide in einem recht abgespeckten musikalischen Gewandt aus den repetitiv gespielten zwei Saiten des banjoartigen Geräts und einer angenehm samtigen Stimme.
Einer davon, „What a Man Can Do, a Woman Can Do More Better“, avancierte in Belgien zu einem Hit, der andere, das hypnotische „Who Knows Tomorrow?“, fand seinen Weg auf die Compilation „This is Kologo Power“. Seit kurzem ist das Albumdebüt des Musikers draußen, der in der südlichen Ashanti-Region des Landes, in der Stadt Kumasi, aufgewachsen ist – einem Teil Ghanas, in dem die Kologo-Tradition erst Einzug erhielt, nachdem sie vor ein paar Jahren zum lokalen Popphänomen avancierte. Man sagt, dass die dort populären Genres Asonto und Hiplife gut aus den Stücken herauszuhören sind, ein Hybridphänomen also, das in unseren Breiten sicher der vereinheitlichenden Vorstellung als „afrikanisch“ zum Opfer fallen wird.
Ayuune Sule ist der bislang poppigste der mir bekannten Kologo-Virtuosen, zumindest wenn er es will, und so warten einige Tracks mit einer anspruchsvollen Produktion und fabelhaften Arrangements auf. Die beiden ersten Songs liefern den Beweis: „Two Wrongs Don’t Make a Right“, ein politischer Song mit einer simplen Message an afrikanische Politiker: kooperiert!, besticht durch ein sauberes Klangbild, das den besten PAs standhalten sollte, und gekonnt eingesetzten Chorpassagen, die sich um die zwar hochtönende, und doch sanfte Stimme schmiegen. „What a Man Can Do, a Woman Can Do More Better“ wurde für’s Album in einen elektronischen Popsong verwandelt und besticht mit einem steppenden Rhythmus, zu Spielereien mit dem Vocoder gesellen sich weibliche Backing Vocals – passend zu Text und Kontext, denn der Song wurde ursprünglich für einen Event geschrieben, bei dem es um die Einforderung von mehr Arbeitsrechten für ghanaische Frauen ging.
Alle Tracks dieser Art haben einen freundlichen Sound, der sie immer auch kompatibel für’s massentaugliche Radio macht, und vermutlich klingen sie auch nur für nördliche Ohren so exotisch und immer noch leicht schräg. Etwas markanter ein Song wie „Keleke“, bei dem man die Kologo viel deutlicher heraushört, wozu allerdings auch ein leichter Dub-Effekt kommt, der den Track noch wesentlich hypnotischer macht. Für mich allerdings stellen ohnehin die Akustikstücke die Höhepunkte des Albums dar, denn wenn Sule will, spielt er die folkige Karte perfekt. „How to Get There“ und „Say Yine Ma“ sind extrem mitreißend in ihrer Deklamatorik und ihrem monotonen Minimalismus, das noch aus dem Ayisoba-Fundus stammende „Senyaane“, dessen Instrumentarium nur aus einer mit getrockneten Beeren gefüllten Rassel besteht, gehört in die gleiche Kategorie.
Sule, der sich auf den Fotokollagen im Digipack auch als Crossdresser und Veralberer von Geschlechterklischees präsentiert, singt auf Englisch und in (mindestens) einer der Landessprachen Ghanas, weswegen es nur ein Eindruck ist, dass er ähnlich politisch ist wie sein Kollege Atamina. Mehr noch als dieser verbindet er die Protesthaltung mit Popappeal, und vielleicht kommt ihm die Rolle des großen Genre-Verweigerers zu. Wie wenige andere seiner bekannten Zeitgenossen streckt er seine Fühler in alle möglichen Richtungen lokaler und überlokaler Pop- und Folkrichtungen aus. (U.S.)
Label: Makkum Records / Rebel Up Records