DAIMON: Dust

Wie schon aus unserem kürzlichen Interview hervorging, ist Simon Balestrazzi niemand, der sich auf seinen Lorbeeren ausruht, stets hält er seine zahlreichen Kollaborationen in Bewegung, solange die jüngsten Schaffensergebnisse noch frisch sind. So auch Daimon, sein Trio zusammen mit Paolo Monti und Nicola Quiriconi, die sich gleich nach der letztjährigen Europatour zu intensiven Sessions zusammenfanden, und mit „Dust“ einen dynamischen Nachfolger zu ihrem Debüt auf die Beine brachten.

Es dauert nicht lange, bis der kundige Hörer die Handschrift der drei erkennt: Die Grundstruktur aller vier Tracks besteht aus dichter, ambienter Dröhnung, mal kühl und verhallt wie beim Debüt, mal in körniger Struktur langsam Kreise ziehend, mal voll und breit im Sound einer Orgel. Doch mehr als beim Vorgänger bereiten diese Dröhnflächen nur die Kulisse für eine wahre Plethora an Ereignissen, die oft nur kurz aufblitzen und nicht immer so leicht zuzuordnen sind wie die immer mal wieder erklingenden Glöckchen, die Gitarren und das zittrige Sirren irgendwelcher Saiten.

Oft knistert und knackt es geheimnisvoll im Hintergrund, aufgeregtes Flüstern dringt in den Vordergrund, und spätestens bei dem fauchenden Bestienatem wird klar, dass man sich in einem Alptraum befindet, in dem allerlei seltsame Gestalten ihr Unwesen treiben. Doch „Dust“ hat unterschiedliche Seiten und die Stimmung bleibt niemals konstant. „So High So Close“ ist mit seinem gemächlichen Glockenschlag und den hellen, blechernen Samples zwar so abstrakt wie der Rest, hält aber dennoch die lichtesten und versöhnlichsten Momente bereit, und seine schreienden Möwen und die sanften Trompeten scheinen den Hörer ins Wachbewusstsein zurückzuholen.

Doch letztlich ist auch hier alles nur ein kleiner Klumpen im großen, oft zähen Klangfluss, der alles mit sich reißt und in den infernalischen Lärm des bezeichnend „Awash“ betitelten Schlusstracks münden lässt. Nach diesem oft unberechenbaren und stets ereignissreichen Soundnarrativ kann man nur begrüßen, dass Daimon anscheinend nicht als einmaliges Projekt gedacht ist. (U.S.)

Label: Silentes Minimal