VIRTUAL FOREST: Telling the Bones

Ganz gleich, ob Marco Bernacchia mit Virtual Forest echte rituelle Gesänge aus entfernten Stammeskulturen samplet und und zu mystischen Soundscapes verarbeitet, oder, wie auf seinem aktuellen Tape „Telling the Bones“, mit dröhnenden Echos und abstraktem elektronischen Lärm beginnt, und dem Material erst durch diverse Beigaben einen rituellen Touch gibt – immer läuft das Experiment auf die Ritual Machine Music hinaus, die Fusion aus Ethno- und Industrialelementen, nach der er seine vorige LP benannte.

Das die erste Seite des neuen Tapes füllende „Breath of the River“ gibt dem Namen Virtual Forest alle Ehre, denn bereits in den ersten Sekunden entsteht die Illusion eines ganzen tremolierenden Urwaldes. Die exotischen Vogelstimmen, die sich aus dem Summen und Zirpen herauswinden, offenbaren sich allerdings schnell als ein Instrument, das an eine ostasiatische Bambusflöte erinnert, oder mit etwas Fantasie an die Computerimitation einer solchen in einem nostalgischen Martial Arts-Spiel. Eine sehnsuchtsvolle, aber auch ungemein hypnotische Melodie, die aber nur auf den ersten Blick statisch und monoton anmutet, behauptet sich gegen Wasserplatschen, gegen metallenes Klingenwetzen und ein zirkulierendes Rauschen und Dröhnen, das ab und an die Lärmgrenze streift, und doch bleibt die archaische Stimmung des Tracks bis zum Schluss gewahrt.

Aufgewühlter und weit weniger besinnlich zeigt sich die zweite Seite, denn „Energy from the Earth“ lässt perkussiven Rhythm Noise aus den Boxen donnern. Doch auch hier verbirgt sich traditionelle Archaik in den dünnen Ritzen des Lärms in Form schamanistisch klingenden Gesangs, der sich wie ein fernes Echo Gehör verschafft, bis alles im luftigen Rauschen seine Auflösung findet. Das Album erscheint als limitiertes Tape (Stückzahl unbekannt) und zum obligatorischen Download.

Label: Yerevan Tapes