V.A.: This is Frafra Power

Wer unsere bisherige Berichterstattung über die unabhängige Musikszene Ghanas verfolgt hat, wird sicher vermuten, dass die hier vorgestellte Compilation an den Sampler “This is Kologo Power!” anknüpft, auf dem zehn Acts des in dem westafrikanischen Land populären und auch international immer mehr beachteten Kologo-Genres ihre Songs – alle mit dem ebenfalls Kologo genannten Saiteninstrument als Hauptfaktor – vorstellten. Frafra ist eine der v.a. im Norden des Landes verbreiteten Ethnien des Landes sowie deren Sprache, in der bspw. Genrestar King Ayisoba seine Texte singt.

Dessen Drummer Francis Ayamnga betreibt in dem kleinen Ort Bongo, in dem beide aufgewachsen sind, ein kleines Tonstudio, und wie es sich für einen für internationale Ohren so musikalisch klingenden Ort gehört, existiert dort eine rege lokale Musikszene mit einer beachtlichen Zahl an Enthusiasten. Ayamnga gibt immer wieder neuen Sängern und Musikern die Gelegenheit, etwas Musik einzuspielen, steuert selbst ein wenig Rhythmus bei, und am Ende erblicken die Stücke das Licht der Welt meist in einem der gängigen digitalen Formate.

Zur Compilation kam es, als The Ex- Und Zea-Gittarist sowie Makkum Records-Betreiber Arnold de Boer sich 2017 wieder einmal in Ghana aufhielt und Ayamngo im Studio besuchte. Begeistert von der Spontaneität und Originalität des ihm präsentierten Materials, wählte er aus einem enormen Pool acht Stücke – überwiegend in Frafra gesungen und gerappt, doch auch ein paar Fetzen Englisch kommen vor – aus, um einmal mehr einen Einblick in die Musik Ghanas zu gewähren und diese auch im internationalen Gedächtnis zu verankern.

Viele der Stücke bauen auf einer Wiederholungsstruktur auf, die nicht Ideenarmut, sondern einen scheinbar ganz intuitiven Willen zur hypnotischen Verzücktheit ausdrückt, und fast immer ist es die Percussion, die nicht nur den buchstäblichen Takt, sondern auch die Richtung angibt. Im entspannten Midtempo legt sie das Fundament für die tremolierende und doch energische Skandierung des Textes bei Fausty Amoa Mabila. Als leichten Handrhythmus untermauert sie Chor und mehrstimmigen Gesang bei Awadu Messenger. Elektronischer und wechselhafter setzt der Rhythmus einen Kontrapunkt zum unmanirierten Gesang der vielversprechenden Newcomerin Linda Ayupuka. Eher sperrig und dennoch im mitreißenden Groove unterfüttert er die Bläsersektion und die forschen Deklamationen von Rangazeer. Besonders hypnotisch dagegen mit Rasseln und Handclaps erweist er sich hinter dem hellen Chorgesang der All Girl-Combo Sugri Hajia Zenabu.

Daneben gibt es Stücke, die von den Takten eher subtil vorangetrieben werden und anderen Komponenten den Vordergrund überlassen, so z.B. der fast schneidenden und fordernden Stimme im textlastigen “Hunanki” von Atiah Mba, der zugleich ein Geschick für elektronische Retrospielereien beweist. Ähnliches gilt für den melodischen Track des MC I Remember Yesterday mit seiner Vorliebe für äußerst dynamische Vocals, wohingegen Big Gad v.a. mit angeregten Kologo-Parts begeistert.

Im Unterschied zu Stars wie King Ayisoba, Price Buju, Atamina oder Ayuune Sule sind die meisten hier vertretenden Künstler allenfalls lokale Größen, viele von ihnen haben sich ihre bisherigen Meriten bei Auftritten auf Hochzeiten und Beerdigungen verdient. Andere sind bislang kaum offiziell und “professionell” in Erscheinung getreten, haben ihre Gewohnheit, bei der Arbeit zu singen, zum Steckenpferd ausgebaut, das vielleicht einmal in eine Karriere übergehen wird. Wenn diese Auswahl ihren Teil auch dazu beitragen kann, hat sich die Mühe gelohnt. (U.S.)

Label: Makkum Records