THE CRAY TWINS: In the Company of Architects

Ihren Namen haben die beiden Schotten Paul Baran und Gordon Kennedy wohl den Kray-Zwillingen, einem Londoner Gangster-Duo der 50er und 60er Jahre, entlehnt. Und ebenso wie diese sind die beiden Komponisten gut vernetzt, in ihrem Fall in lokale und überregionale Musikszenen, aus denen sie immer wieder mehr als eine Handvoll Gastmusiker rekrutieren. Nach dem Debüt “The Pier”, an dem unter anderem BJ Nilsen mitwirkte, ist nun mit “In the Company of Architects” ein würdiger Nachfolger erschienen, dessen musikalische Breite von Jazz über Ambient und zurück wohl am besten mit dem Oxymoron eines opulenten Minimalismus umschrieben werden kann.

Baran und Kennedy greifen nach eigener Aussage kaum bis nie in die Beiträge der sorgsam ausgewählten Mitmusiker ein und kollagieren die Resultate lediglich mit ihren eigenen Beiträgen, die meist elektronischer Natur sind. Das überrascht durchaus, denn die Musik auf “In the Company of Architects” klingt so, als sei jedes Detail perfekt auf den Rest abgestimmt.

Im Titeltrack, der mit seinen knapp vierzig Minuten etwa drei Viertel des Albums einnimmt, wirken Harmonie und Verzerrtheit, spontane Entgrenzung und ein fast meditativer Reduktionismus sorgfältig ausbalanciert. Hohe und tiefe Anschläge auf einem Tasteninstrument verbreiten einen gläsernen Klang über hintergründigem Rauschen, und erst mit der Zeit offenbart sich eine Melodie, die entfernt an Jazz-Standards erinnert. Alsbald jedoch diffundiert all dies im Dröhnen, und spätestens jetzt wird klar, dass die Langsamkeit der Ereignisfolgen nicht nur für den Auftakt gilt, und dass Geduld und Konzentration vonnöten sind, um die subtilen Veränderungen zu erhaschen, und die Spannung, die in all dem steckt: in den spitzen Pfeilen, die in gewissen Abständen von der Sehne schwippen, im verschwommenen, wie gesampelt wirkenden Gesang, der zeitweise an einen Gebetsruf erinnert, im dezenten Saitenanschlag, der einsam aus der Dröhnung ragt.

Prasselnder Lärm wie ein elektrifizierter Platzregen und der Sopran Lavinia Blackwells (Trembling Bells, Directing Hand), der wie von einer alten Schellack-Platte klingt, sorgen dafür, dass die Musik auch nach einer halben Stunde nicht zu akustischem Raumspray wird – und leiten über in das kurze, aber intensive “The Absence of Architects”, bei dem ein von Jessica Evelyn gesprochener Text in den Mantel einer berührenden Orchestralspur gehüllt wird.

Das abschließende “Anarchitects” lässt mit Rauschen, Chorgesang, Glöckchen und technoider Elektronik Harmonie im Chaos aufleben und wirkt nicht nur vom Titel her wie die dialektische Synthese der vorausgeangenen Szenenfolge, die am Ende noch mal wie in einem zusammenfassenden Abspann wiederzuhallen scheint.

Label: Fang Bomb