PIGGY BLACK CROSS: Always Just Out of R.E.A.C.H.

Wem der Name Piggy Black Cross nichts sagt, dem mag eine Hälfte des New Yorker Duos vielleicht trotzdem bekannt sein, denn Toby Driver spielt(e) seit Jahren in recht erfolgreichen Bands wie Kayo Dot, Secret Chiefs 3, Gregor Samsa oder Tartar Lamb, die alle in einem unübersichtlichen Grenzland zwischen Progrock, Metal, experimenteller Elektronik und gewissen Gothic-Elementen zuhause sind – und wahrscheinlich vor allem jene ansprechen, die in den genannten Richtungen nicht das Typische suchen. Wer beim Namen seines jüngsten Projektes an eine Textstelle aus Current 93s “The Descent of Long Satan and Babylon” denken muss, der sollte allerdings nicht zu stark auf spukhafte, eschatologische Folkmusik hoffen, denn Piggy Black Cross liefern einen vertrackten, rhythmischen Crossover, der ohne altbacken zu wirken Freunde von Skinny Puppy und Hunting Lodge gleichsam auf die Tanzböden locken könnte.

Man kann auch den NIN-Vergleich nachvollziehen, der hier und da bereits getroffen wurde, aber zu der rockigen Drumarbeit und der raumgreifenden Elektronik, zu den treffsicheren Brüchen und Tempowechseln, die beim kryptich betitelten Opener “Psygh Øn Raindom ÆllÆy” allesamt Fundament und Kulisse für den hier noch unverfremdeten Gesang Bridget Bellavias bilden, kommen weitere Elemente, die dem Projekt einen ganz eigenen Charakter geben: Synthietupfer, die in einen Giallo-Soundtrack gepasst hätten, breite, melancholische Klangflächen, die an die erschöpfte Verträumtheit zum Ende der Nacht erinnern und mich spontan an die Kirlian Camera der frühen Neunziger denken ließen – die auch einen Songs namens “Raindom” hatten, vielleicht ist das Zufall, vielleicht aber auch Teil eines diffusen Spiels mit Referenzen.

Im Laufe der fünf Tracks fällt immer mehr auf, dass die Sängerin, die noch in einer weiteren Band namens Paranoid Fiction im Umfeld der Yeah Yeah Yeahs singt, über ein unangestrengtes Variationsvermögen beim Stimmeinsatz verfügt. Zu erratischen Takten oder plastischen Handdrum-Imitationen jagt sie ihre Message mit aggressiver Wucht durch den Verzerrer, doch nach ein paar kurzen erschöpften Seufzern lässt sie einen geradezu etherischen Sopran über metallastige Blastbeats gleiten. Die sanften Schwebevocals, die manchmal an eine folkigere Version von FKA Twigs denken lässt, lassen aus manchen Stücken die verkappten Popsongs heraushören, die sie letztlich nicht geworden sind, denn Bellavia und Driver hatten anderes vor mit dem Material, zu dem brachiales Gestampfe ebenso gehört wie wusselige Rhythmen und einer sanften Bläsersektion aus den Annalen des Smoothjazz. (A. Kaudaht)

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