ANGELINA YERSHOVA: Piano Mirage

Angelina Yerhova hat in den letzten Jahren eine Handvoll Tonträger herausgebracht, die ambiente Elektronik mit glasklaren Pianoparts irgendwo im Grenzland zwischen Neoklassik, Weltmusik und Ansätzen von Minimalismus zusammenbringen, ihr im vorigen Jahr erschienenes Album “Cosmo Tengri” setzt sich mit ökologischen Problemen unserer Zeit v.a. in Kasachstan auseinander, wo sie zur Welt kam und aufwuchs.

Der jüngst erschienene Nachfolger “Piano Mirage” ist ein äußerst emotionales und streckenweise verträumt ausgefallenes Werk, das nicht unbedingt auf Hörer abzielt, die es trocken und pathosfrei brauchen. Laut Begleittext erzählt es die romantisch anmutende Geschichte eines fiktiven Naturkindes namens Miss Green, das die Hörer in vierzehn Tracks – bzw. Sonic Paintings – durch seine reichhaltige Welt führt – eine magische Welt aus Freud und Leid, Spiel und Erschöpfung, in der geheimnisvolle Bräute, Außerirdische und ein weiblicher Ikarus die Wege der Protagonistin kreuzen.

Musikalisch ist “Piano Mirage” so kristallklar wie eh und je, und einmal mehr eröffnet Yershova gleich zu Beginn ein weites Stimmungspanorama: Spielerisch verbummelte Allegrostücke gehen über in vorsichtig tastende Spannung, die z.B. in “Desert Mirage” in verzwickte Abenteuer führt, in denen man auf Gurdijeff’schen Melodien über Stock und Stein braust. Gehauchte und mal deutlicher hörbare Stimmbeiträge ergänzen das Grundinstrumentarium als Klavier und Elektronik und akzentuieren besondere Momente. Gläserne Melancholie weckt in “Icarus” Erinnerungen an Arvo Pärts minimale Klavierkompositionen, grisselige Dynamik hebt einen irgendwann empor.

Titel wie “Idyllic Mirage”, “Light Mirage”, Fluid Rainbow” oder “Lost in Emotions” geben den lichtdurchfluteten Panoramaschwenks passende Namen und reichen dem angefixten Hörer ein weiteres Mittel zur Hand, um aus den Sonic Paintings seinen ganz eigenen imaginären Animationsfilm zu gestalten.

Label: AY Records