Auch wenn fast jede Veröffentlichung Asmus Tietchens von einem Cioran-Zitat begleitet und geziert wird, so hat sich schon immer auch Humor im Werk des Hamburgers gezeigt, was sich u.a. teilweise in der Titelgebung seiner Tracks widerspiegelte, jedoch war dieser Humor nie so dominant wie auf seinem „death lounge project “ Hematic Sunsets (auf dem seine anagrammatischen Mitspieler Achim Stutessen, Assistent Meusch, Hans Tim Cessteu, Mischa Suttense und Tussi Schemante heißen), auf dem Tietchens seiner Liebe zum – wie es in der Pressemitteilung heißt – „Darth Vader organ sound“ frönt; Attribute wie „cheesy, spooky, deranged but still catchy“ zeigen das Spannungsfeld, in dem sich diese Musik situieren lässt. Das erste Album erschien 1998, diese finale Veröffentlichung, auf der jetzt „Adieu“ gesagt wird, besteht aus einer LP mit neuen Kompositionen und einem weiteren, einseitig bespielten Album, auf dem Weggefährten „Tschüss“ sagen, da es sich „Ausgeduftet“ hat, wie es bei Jetztmann heißt.
Die Hematic Sunsets-LP ist voller kurioser und zum Teil natürlich durchaus „catchy“ Tracks: Da gibt es die skurril-zerhäckselte Stimme auf „Zum Geleit“, das in TOPY-Diktion betitelte „Thee Church Ov Aroma“ mit seltsamen Stimmen und unheinlichen Flächen, das fast schon zu düster für dieses Album ist. Auf „Ungesungene Tanzrückstände“ hört man monotone hochrfrequente Loops. Es gibt das großartig betitelte „Stuhlwasser“ mit Billigorgel oder die seltsamen Kirmesstimmen bei „Der im Keller“. „Liebelei“ mit cheesy Streichern und Gesang hätte den einen oder anderen Partykeller in den 70ern beschallen können. Auf „Schrittbinder“ hört man kuriose Schellen, „Fiasko“ wäre in einem Paralleluniversum vielleicht ein Soundtrack zu einer Krimiserie gewesen, zu einer Zeit, als es nur zwei Fernsehprogramme gab. Interessanterweise hätte man ein Stück wie „Dem Morgen graut“ durchaus auch auf einer reinen Tietchens-Veröffentlichung der letzten Jahre finden können. Das lapidar betitelte „Das war’s dann“ schließt die erste LP ab.
Chestnut Ameis eröffnet das zweite Album mit der seltsamen Kirmesmusik von „Speckpumpe“. Otto Bekkers lässt den Hörenden bei „Peyote-Melodie“ zu Bontempiorgel schunkeln, Unknown Singing Objects, die bisher ein paar Singles veröffentlicht haben, steuern eine seltsame Ballade voll “Blut” und “Knochenmark” bei. Auf “Phantomschmerz” ist Felix Kubin mit Retroscifi Lounge zu hören. Sehr schön ist “Martellato” des 2013 verstorbenen Heinz Funk. Jetztmann „endet lo-fi mit dementen Vocals.
Im beiliegenden Blatt wird die Geschichte des Aroma Clubs augenzwinkernd dargelegt. Höhepunke waren etwa „Mikadotanz-Abende“, „Kriechkeller-Parties“ und „Hodenbaden unter der fachkundigen Observanz von Dr. Kurt Euler“ – ob die Liedertafel Margot Honecker dabei Lieder schmetterte, bleibt unerwähnt. (MG)
Label: Auf Abwegen