V.A.: My Universal Hammer – Enko Landmann’s Scary Songbook Of Horrors

Es gibt wenige Sparten, in denen der 1962 in Rumänien geborene Enko Landmann nicht wenigstens einmal unterwegs war, und so hat der Autor, Universalgelehrte und Grand Seigneur des anspruchsvollen Heftromans (O-Ton Label) auch schon als Filmemacher und Aktionskünstler von sich reden gemacht. Zwei Leitmotive, die sich wie blutrote Fäden durch sein Werk ziehen, sind sein Faible für klassische Grusel- und Horrorgeschichten und sein Hang, alle dies mit dem gebotenen Schalk anzugehen. Auch in der Musik ist Landmann bestens bewandert, v.a. als Connoisseur, und als er sich entschloss, seine Lieblingsmusiker auf beiden Seiten des Atlantiks für eine Compilation zusammenzutrommeln, war es keine große Überraschung, dass sich auch hier alles um den wohligen Schauer drehen sollte. Das Ergebnis ist mehr als üppig und trägt den unbescheidenen Titel “My Universal Hammer”.

Zum Auftakt grüßt der Meister kurz und bündig, und schon das von Gewitter begleitete Teufelslachen im Hintergrund führt direkt in eine schwarzbunte Welt aus unwegsamen Wäldern und verwunschenen Häusern, in denen es vor Monstern, lichtbringenden Teufeln und Frauen, die sich in Wölfe verwandeln, nur so wimmelt.

Die musikalische Bandbreite des Samplers ist groß und doch alles andere als Kraut und Rüben, auch wenn der knarzige Punkrock-Song der Soul Invaders heraussticht und eine falsche Fährte legt. Einige Beiträge sind im vielfältigen Grenzland zwischen schwülheißem Rock’n'Roll und sumpfigen Americana zuhause und katapultieren die Hörerschaft direkt in das Southern Gothic-Szenario eines alternativen Amerika. Braindance Kid mit der cartoonigen Geschichte über eine Wolfsfrau gehört ebenso in diese Riege wie Limos nostalgischer Ohrwurm, der einem im nächtlichen Südkalifornien spielenden 70er Jahre-Film entsprungen sein könnte, oder Mother Bears düstere Stonerballade, die mit der Zeit immer mehr in doomige Gefilde vorstößt. Deutlicher Rock’n'Roll mit Schlagseite in Richtung Cramps und Raymen bieten die mit räudigem Gesang und noch räudigeren Twangs groovenden Los Buerlecitiños – bei dem Namen garantiert Deutsche, aber der nächtliche Roadmovie “Witch’s Stew” durch eine verhexte Kakteenlandschaft lässt keine Zweifel am Schauplatz aufkommen. In eine ähnliche Richtung gehen Fisch & Oldrik, die in ihrem Song gleich die ganze westdeutsche Kleinstadtjugend der Generation Golf zum blanken Horror erklären.

Seit Jahren ist Folk Horror – laut Stephen Thrower “anything with a tree in it” – in aller Munde, und auch hier fehlen anheimelnde Akustiksongs mit der Aura klassischer Geisterballaden nicht. Karen Zanes und Alysen Callery zeichnen mit simplen Gitarren und Rasseln folkige Nachtstücke der Verlorenheit, Kristina Jungs Vision über Godzilla geht in eine ähnliche Richtung und hat die Klarheit eines luziden Traums. “Swamp Thing’s Lament” von Blind Joe Black And The Black Lungs klingt mit seinem galoppierenden Banjo um einiges amerikanischer, und ich würde mich nicht wundern, wenn die Musiker die eine oder andere Platte von Stone Breath oder Crow Tongue im Regal stehen hätten. RichLand klingt mit seinem stimmungsvollen Fingerstyle, der Mundharmonika und dem schaurigen Text über die schreiende Banshee wie der perfekte Missing Link zwischen Appalachian Folk und Denver Sound a la Jay Munly. Skalar lassen im Spukhaus eine heimelige Walzermelodie erklingen, doch wer sich auf Gemütlichkeit eingestellt hat, hat sich zu früh gefreut, denn die messerwetzenden Geister knirschen schon mit den nichtvorhandenen Zähnen.

Marcus Verhülsdonk sticht mit seinem “La Casa Abbandonata” nur formal aus dem Reigen heraus, denn sein looplastig-elektronischer Score, der aus einem frühen Carpenter-Film stammen und Spettro Family gefallen könnte, ist so mystisch wie der Rest, und die orchestrale Wucht gegen Ende unterstreichtdas einmal mehr. Der Abspann steht wieder ganz im Zeichen handgemachter, folkloristischer Klänge, und Ryan Lee Crosbys “Weary From This World” ist mit seinen an John Fahey erinnernden Gitarren-Ornamenten ein besonderes Juwel – ein besinnlicher Ausklang, der der trügerischen Harmonie am Ende einer Geistergeschichte, bei der das “Böse” vielleicht doch nicht vollends besiegt ist, gut zu Gesicht steht. Kurzes Fazit: genial! Und wer einen musikalischen Themenabend veranstalten will, der hätte mit “My Universal Hammer” und dieser Compilation schon mal eine Menge Material zur Verfügung.  (U.S.)

Label: Gruselthon / Cosirecords