Auf fast jeder Veröffentlichung des Hamburger Geräuschmusikers Asmus Tietchens findet sich ein Zitat des großen rumänischen schlaflosen Pessimisten Emile Cioran – so auch wieder auf „Schatten ohne Licht“. Als weiterer Einfluss wird nicht auf dem Album selbst, aber in der Pressemitteilung ein anderer Schwarz- (oder Klar-?) Seher als Einfluss auf „Schatten ohne Licht“ genannt, der inzwischen emeritierte Anglist und Verfasser des „Untiers“, die „rabenschwarze Spottdrossel“ Ulrich Horstmann. Horstamnn hatte in seinem ursprünglich bei Suhrkamp erschienenen Traktat Anfang der 80er u.a. Cioran ausgiebigst zitiert und in dem 110 Seiten langen Text einen Weg „aus der Senkgrube der Schöpfung in die Freiheit des Anorganischen“ skizziert. In dieser Freiheit steckte natürlich das Freisein, in dem Fall des Planeten von der Menschheit. Die oft als „Mutter“ personifizierte Erde werde erst dann wieder ein „Eden“ sein, wenn der Homo Sapiens (mit Hilfe von Atomwaffen) das Zeitliche gesegnet habe: „Vermonden wir unseren stoffwechselsiechen Planeten!“, konnte man da am Ende lesen – was nicht alle goutieren mochten.
Insbesondere die Arbeiten Tietchens der letzten Jahre waren und sind häufig gekennzeichnet von einer gewissen Abstraktheit, die manch einer als „trocken“ abtun mag, die man aber vielleicht in Passagen lieber menschenfern nennen könnte, so wie es Tietchens bzgl. seines Albums “Bleiche Brunnen” formulierte.
Das Titelstück ist ein 11-minütiges dunkles basslastiges Rauschen und Brummen, das von einer latenten Unruhe durchzogen ist, das ist ein Grollen, ganz so, als verschöben sich tektonische Platten. „Anthroposaurus“ ist etwas anders ausgerichtet: Man hört zwar weiterhin dunkles Dröhnen, aber es kommen so etwas wie fallende Wassertropfen hinzu, die man vielleicht als Reminiszenz an seine “Hydrophonien” lesen kann. Verglichen mit dem Opener lassen sich auf diesem Stück fasst so etwas wie Melodien erahnen. „Zinnhimmel“ ist anfangs an der Grenze des Wahrnehmbaren, dann hört man wieder wasserartige Sounds. Das im Titel das Ersehnte ansprechende “Es ist endlich still” klingt wie ein Hybrid aus einer “Hydrophonie” und Aufnahmen aus der “Mengen”-Serie, bevor das abschließende “Kolosse” nach einigen Minuten plötzlich die Lautstärke etwas aufdreht. Und dann ist der Rest Schweigen.
„Schatten ohne Licht“ ist ein starkes Album, ein passender Soundtrack zur Menschenleere. Ebenso wie bei „Bleiche Brunnen“ findet sich im CD-Tray der Hinweis „Eure Angst ist berechtigt“. (MG)
Label: Black Rose Recordings