Die Dinge, die sich auf “Ghost or White Pavillon” ereignen, sind klein und schemenhaft, und allzu leicht könnte man sie überhören und ihre Signifikanz unterschätzen. Dezente rückwärts abgespielte Sounds dringen ganz leicht durch das Fundament einer summenden Dröhnung. Irgendwas rasselt leise im Hintergrund, während sich eine entspannte Tonfolge auf der Gitarre entfaltet. Beim oberflächlichen Hören könnte der Eindruck entstehen, man befände sich inmitten eines langsam ausklingenden Abspanns, doch bei der richtigen Aufmerksamkeit entpuppt sich die ganze Szenerie als zu spannungs- und erwartungsvoll. Dies ist der Eintritt in eine merkwürdig geheimnisumwitterte Welt, die vielleicht nie ganz erkundet werden kann, deren okkulte Geheimnisse einen aber nicht loslassen.
Schon die Aura des Projektes Timber Rattle selbst, das vor rund handerthalb Jahrzehnten als Duo gegründet wurde, Gerüchten zufolge heute aber von Adam Parks (Lightning White Bison) allein betrieben wird, ist in den Nebel des Mysteriösen getaucht. Man weiß nicht viel über den Musiker, der unter diesem Namen folkig angehauchte, dunkel dröhnende Musik produziert, deren Americana-Feeling sicher auch die anspricht, die Earth lieben, wenngleich es bei Timber Rattle um einiges verhuschter zugeht. Seine Klangwelten passen nicht ins pralle Licht karger Weiten, ziehen das dunkle Dickicht der Wälder vor. Was man weiß, ist dass der Künstler aus den nördlichen Appalachen des amerikanischen Bundesstaates New York stammt und irgendwann in die südlichen Abschnitte dieses Gebirges in Virginia gezogen ist. Seine Musik scheint ausgedehnten Grübeleien während langer Wanderungen in der Abenddämmerung entsprungen.
Das vorliegende Tape enthält zwei jeweils seitenfüllende Soundscapes, deren wesentliche Elemente orgelartige Drones, dezentes Downtempo-Picking, gelegentliche Twangs und mysteriöse Vocals sind. Recht früh auf der ersten Seite tritt die Stimme, die – wenn es denn immer die selbe ist – auf unterschiedliche Weise zu Tage tritt, erstmals als tiefes, unverständliches Grummeln auf, dann als verklärtes Hauchen, das irgendwann mit dem verhallten Ambiente der Dröhnkulisse verschmilzt. Hat man anfangs noch den Eindruck einer gewissen Gleichförmigkeit, so zeichnet sich doch irgendwann das Gefühl einer gewissen Steigerung ab – irgendetwas scheint sich hier zusammen zu ballen. Nach einer Weile tritt die Gitarre stärker in den Vordergrund, lässt eine sehnsuchtsvoll folkige Melodie anklingen, die von fast aufgewecktem Rasseln begleitet wird, bis alles wieder durch die beinahe liturgisch anmutende Tönung der Orgelsounds eingefangen wird. Auf der zweiten Seite offenbart sich die Musik etwas extrovertierter, erscheint dröhnender, voller, und auch die Melodien der Downtempo-Gitarren tragen eine markantere Handschrift, während die Stimme zwischen kauzigem Grummeln und Ansätzen einer Art Klagegesang wechselt, der fast an ein Kyrie Eleison erinnert. Doch auch hier dominiert eine geerdete, meditative Ruhe – bis es irgendwann in der Mitte des Tracks zu einem deutlichen Bruch kommt. Orgeln, das Seitenspiel, etwas, das an wehmütige Streicher erinnert und allerhand rauschig verwehte Details stellen unausgesprochene Fragen und eine deutliche Spannung in den Raum. Dann mag einem einfallen, dass man sich im Land der Trail Dwellers und Pale Crawlers befindet. Doch stammen die Gefahren, die sich hier zu verstecken scheinen, aus der äußeren oder der inneren Welt?
Die hier nachvollzogene Reise als eine ins Herz der Finsternis zu verstehen, wurde in einer anderen Rezension durch einen Verweis auf Joseph Conrad bereits angedeutet. Was bleibt ist am Ende der Eindruck einer in ein gefahrvolles Halbdunkel getauchten Welt, die man erkunden will, sobald man einmal in sie hinein gezogen wurde, gleichwohl klar sein sollte, dass dies wohl nie ganz zu bewerkstelligen ist. (U.S.)
Label: Zen Hex