KOSMOSE: First Time Out

Bei der Ansage, die für Unkundige des Französischen etwas lang geraten ist, ahnt man schon, dass “First Time Out” ein Livedokument ist, und bei den spacigen Spielereien, die Expo 70 gefallen würden und im Minutentakt immer mehr ihre Heimat in krautiger Elektronik verraten, stellt sich bald die freudige Gewissheit ein, dass Kosmose sich bei ihrer Aufführung Zeit lassen. Gute zwei Stunden, um genau zu sein, denn die beiden Mitschnitte füllen das Doppelalbum bis in alle Ritzen aus.

Genau genommen wäre hier die Vergangenheitsform korrekt, denn Kosmose sind eine heute leider viel zu unbekannte französische Band der 70er, welche die auf dem vorliegenden Release präsentierten Konzerte Mitte des Jahrzehnts aufführten – mit spärlichem Instrumentarium aus Gitarren, verschiedenen Folkinstrumenten, diversen Effekten und einem Filmprojektor, ganz der DIY-Attitüde ihrer frühen Zeit entsprechend.

Die wabernden, leicht orientalisch anmutenden Gitarrenornamente und die entrückten Flöten wiegen den Hörer noch in einem hippiesken, halb futuristischen, halb vormodernen Märchenidyll, das auch von feinsinnigen Synthiemelodien und kernigen Bassläufen nicht gestört wird, und sich doch als trügerisch entpuppt. Die Verzerrtheit, in die die Stimme der Sprecherin mit der Zeit kippt und der apokalyptische Wind, der auch schon durch die schöneren Passagen weht verät schon, dass das Infernalische bald mit marschierenden Snaredrums und aufwühlenden Wahwahs in diese Welt einbrechen wird und sie in eine noisige Dystopie verwandeln wird.

Der die zweite Scheibe füllende Mitschnitt geht unmittelbar zur Sache, lässt tolle Melodien auf der elektrischen Gitarre mit Verzerrtheit verschmelzen und Handperkussion dazu erschallen. Doch nach ein paar Minuten verklebt all dies zu einem zähfließenden Soundbrei, der von stoßender Perkussion nach wie vor vorangetrieben wird. Stringenter und weniger episodisch als das andere Stück, steuert dieser Mitschnitt ststig auf einem noisgen Höhepunkt zu, doch zwischen all dem Kratzen und Reiben nahe der Musique Concrète und den hämmernden Freakouts ist immer wieder Raum für Jethro Tull-Flöten, mittelalterliche Arrangements und ambientes – kosmisches – Schweben.

Nicht nur für den kosmischen Bandnamen, sondern auch für den Titel gilt Nomen est Omen, denn die beiden Longtracks erblicken hier erstmals das Licht einer größeren Öffentlichkeit. (A.Kaudaht)

Label: Sub Rosa