DREW MCDOWALL: A Thread, Silvered and Trembling

Drew McDowall hat seit 2015 auf insgesamt vier Soloalben, die letztes Jahr auf dem umfangreichen „Lamina“-Boxset auf sechs CDs mit Bonusmaterial wiederveröffentlicht wurden, gezeigt, dass er jenseits seiner Arbeiten mit anderen (am prominentesten sicher mit Coil, zu deren Spätwerk er erheblich beigetragen hat, aber ebenfalls Compound Eye, zusammen mit dem viel zu früh verstorbenen Tres Warren) auch alleine unglaublich spannende (Geräusch-)Musik machen kann.

Über sein Solodebüt „Collapse“ konnte man hier lesen: „Der hier musikalisch umgesetzte Zusammenbruch lässt wenig Gutes erahnen, aber mit McDowall hat man zumindest einen versierten Chronisten des Untergangs gefunden. “. Dem 2020 erschienenen Album „Agalma“ wurde attestiert: „Das ist Geräuschmusik jenseits aller Genregrenzen – und Begrenzungen und ein Album, das man im Regal sicher neben Werke von Cyclobe stellen könnte.“

Das nun fünfte Album „A Thread, Silvered and Trembling“ setzt einen etwas anderen Fokus als die vorherigen Alben, ist stark beeinflusst von McDowalls Interesse an „pibroch“, Musik für einen einzelnen Dudelsack, die traditionell für Klagelieder und der Ehrung von Toten verwendet wird. Auf diesem Album dienten Cello, Geige, Bratsche, Harfe und Waldhorn sowie Stimmen, die auf der Albumrückseite „The Ghosts Who Refuse To Rest“ zugeschrieben werden, als Klangquelle(n).

Aus und mit diesem akustischen Instrumentarium kreiert McDowall vier Stücke Elektroakustik von zeitloser Schönheit: Das Album wird eröffnet von „Out Of Strength Comes Sweetness“ („out of the strong came forth sweetness“, sang John Balance auf “Ostia”) und verweist auf Lyle’s Golden Syrup und (damit) auf das Alte Testament, anspielend auf die Geschichte von Samson und dem von ihm getöteten Löwen und das Rätsel, das er den Philistern stellte: „And he said unto them, Out of the eater came forth meat, and out of the strong came forth sweetness. And they could not in three days expound the riddle.“  Das Stück klingt fast schwerelos mit einzelnen Tönen, zu denen ein melodischer Drone hinzukommt. Das fast 15-minütige „And Lions Will Sing With Joy“ ist noch dronelastiger, scheint aus vielen Schichten zu bestehen. Das ist leicht elegische, getragene Musik, die anfangs auch leichte Dissonanzen enthält, aber gerade in der zweiten Hälfte dominieren melodische Passagen, die zum Teil an ein Spinett denken lassen. Auf „In Wound And Water“ ist vielleicht am klarsten das Ausgangsinstrument zu erkennen: Hier erklingt die Harfe und weckt Assoziationen an in einem Eispalast residierende Personen. Im weiteren Verlauf verdichtet sich das Stück. Der letzte Track „A Dream Of A Cartographic Membrane Dissolves“ besteht aus harmonischen, teils flirrenden Drones und den Stimmen der oben genannten “Geister”,  die dem Stück etwas Mysteriöses verleihen. Dieses Album kann beim Zuhörenden durchaus „trembling“ auslösen. Vielleicht ist “A Thread, Silvered and Trembling” die bislang stärkste Veröffentlichung des in New York lebenden Schotten. (MG)

Label: Dais Records